Buchen Sie jetzt über Seven.One Audio eine Host Read Ad, gesprochen von Linn und Leo

https://www.seven.one/portfolio/sevenone-audio ">Mehr Informationen finden Sie hier!

#47 Die Schwimmerinnen

Shownotes

Die Schwestern Yusra und Sara Mardini wachsen mit einer großen Leidenschaft auf: dem Schwimmen. Ihr Vater Ezzat ist Schwimmtrainer und bringt ihnen früh bei, wie sie sich im Wasser bewegen – vom richtigen Absprung bis zur perfekten Handhaltung. Yusra träumt schon bald davon, eines Tages bei den Olympischen Spielen anzutreten.

Doch der Bürgerkrieg in ihrem Heimatland Syrien überschattet diesen Traum. Als die Kämpfe immer näher an die Familie Mardini rücken, bleibt den Schwestern nur eine Entscheidung: Sie müssen fliehen. Auf der Überfahrt über das Mittelmeer versagt der Motor ihres Schlauchbootes. Da springen Yusra und Sara ins Wasser – um die Menschen an Bord zu retten. Sie wissen, dass sie es schaffen können. Sie müssen es schaffen. Schließlich sind sie Schwimmerinnen.

Eine Produktion von Auf Ex Productions. Hosts: Leonie Bartsch & Linn Schütze Recherche: Maike Frye Redaktion: Antonia Fischer Produktion: Lorenz Schütze, Antonia Bolln Expertinnen: Politikwissenschaftlerin Bente Scheller und Giulia Messmer von Sea-Watch

Die wichtige Arbeit von Sea-Watch könnt ihr, wenn ihr möchtet, hier unterstützen.

Hintergrundinformationen, Bilder und Videos findet ihr auf unserem Instagram- oder TikTok-Kanal @true.lovepodcast. Oder auf unseren privaten Profilen @leonie_bartsch und @linnschuetze.

Wir würden uns riesig freuen, wenn ihr den Podcast bewertet und teilt. Haben euch lieb & bis in zwei Wochen!

Quellen (Auswahl)

Buch „Butterfly – Das Mädchen, das ein Flüchtlingsboot rettete und Olympia-Schwimmerin wurde“ von Yusra Mardini Dokumentarfilm „Sara Mardini - Gegen den Strom“ Artikel Deutschlandfunk Kultur Website der Olympischen Spiele Artikel taz TV-Beitrag mit Interview von Yusra Mardini Bundestagsrede von Angela Merkel

Du möchtest mehr über unsere Werbepartner erfahren? Hier findest du alle Infos & Rabatte!

Du möchtest Werbung in diesem Podcast schalten? Dann erfahre hier mehr über die Werbemöglichkeiten bei Seven.One Audio!

Transkript anzeigen

00:00:07: How can you tell what it really is?

00:00:07: I've been in love several times before.

00:00:10: And each time I thought I found my prince

00:00:13: charming.

00:00:39: Herzlich willkommen bei True Love.

00:00:40: Ich habe extrem gute Laune.

00:00:42: Leo zieht in ein paar Wochen in den Norden.

00:00:45: Es ist jetzt wirklich so, es passiert, unsere Fernbeziehung hat einen Ende.

00:00:49: Wir sind wieder zusammen.

00:00:50: Wir haben bei jedem Gespräch, was wir führen, endet es eigentlich immer so.

00:00:54: Das besprechen wir dann, wenn wir zusammen sind.

00:00:56: Oder wenn wir irgendwas neues planen, sagen wir.

00:00:58: Aber dann können wir uns ja auch einfach persönlich zusammensetzen.

00:01:02: Also so endet gerade, glaube ich, jede Brainstorming-Session und jedes Planungstelefonat.

00:01:09: Und es ist bald eine Ende in Sicht.

00:01:13: Ich freue mich richtig, richtig doll drauf.

00:01:15: Ich freue mich auch richtig doll.

00:01:16: Ich muss aber auch sagen, natürlich mit einem Neuanfang ist auch ein Abschied verbunden.

00:01:22: Und ich bin ganz schlecht mit Abschieden.

00:01:25: Oh ja, ich weiß.

00:01:26: Ich könnte ... wenn ich mich darauf einlasse, wirklich in so eine Trauer übergehen und heulend in meiner Wohnung in einer Ecke kauern und die Wand streicheln und die Tapete abknutschen, weil ich so sentimental werde.

00:01:40: Das passiert auch gerade schon so ein bisschen.

00:01:42: Ich bin gestern mit Fredo zu einem Ort gefahren für Hundetraining und er ist so forty-fünf Minuten aus München raus.

00:01:47: Noch nicht mal mehr in die schöne Richtung, noch nicht mal mehr südlich, wo die Berge sind.

00:01:51: Wirklich einfach nur so ... Bayerisches Feld, nicht viel.

00:01:55: Und ich bin da hergefahren, war so... kompletter Holkrampf,

00:02:00: dieses Bayerische Feld.

00:02:02: Ist das einfach so

00:02:03: schön.

00:02:04: Ja, aber weil ich auch an die ganze Erinnerung denke, guck mal, hier haben wir zum ersten Mal unser Büro gehabt.

00:02:08: Wir hatten hier Ausschlüge in die Berge.

00:02:10: Wir haben uns mal irgendwann in einer einsamen Hütte auf dem Berg eingesperrt und Folgen aufgenommen.

00:02:15: Das sind so Phasen.

00:02:15: Da kommt, diese Erinnerungen sind bei mir hochgekommen.

00:02:18: Ja, das verstehe ich.

00:02:20: Ich bin ja jemand, ich mag Abschiede sogar ganz gerne.

00:02:22: Also ich kann das irgendwie... Nein, weil ich sag, denk immer... Du

00:02:25: Psychopath!

00:02:26: Nein, aber es sind neue Anfänge.

00:02:28: Also es ist ja nicht so.

00:02:29: Also jetzt Abschiede von geliebten Menschen ist was ganz anderes.

00:02:32: Aber was alles auf dich wartet, was wir alles Neues erleben können an einem neuen Ort.

00:02:37: Und ich finde manchmal ist auch die Zeit und das spürt man dann auch ein bisschen, dass... jetzt auch ein Lebensabschnitt zu Ende ist, sondern es ist irgendwie cool, etwas Neues anzufangen.

00:02:45: Ich warte hier halt auch auf dich, Leo.

00:02:47: Ich bin einfach bereit, dass du kommst.

00:02:49: Und ich glaube, die hat noch nie jemand mehr entgegengefiebert, würde ich jetzt einfach mal behaupten.

00:02:54: Ich übertrumpfe wahrscheinlich gerade Freddo nach mehreren Wochen nicht sehen.

00:02:58: Ich würde

00:02:58: die mir auch gerade wegtrainiert.

00:03:00: Eine Regel im Training ist, er freut sich zu stark.

00:03:02: Er darf nicht so viel Adrenalin spüren, damit sein kleines Herzchen nicht überansprucht wird, wurde uns wirklich gesagt.

00:03:08: Also mir kriegst du das auf jeden Fall nicht wegtrainiert.

00:03:10: Ich stehe hier und wackel mit meinem imaginären Schwänzchen.

00:03:15: Ich stehe hier und bin ganz, ganz bereit.

00:03:18: Und

00:03:20: wackelst du auch mit deinem Schwänzchen?

00:03:22: Nein, mit meinem imaginären Schwänzchen, vielleicht.

00:03:25: Aber damit die Zeit jetzt schneller rumgeht, habe ich gedacht, bringst du mir eine Toolaufgeschichte mit, damit ich ein bisschen ablenken kann, oder?

00:03:33: Genau, und genauso ... wartet und wackelt ihr wahrscheinlich jetzt auch der True-La-Folge entgegen.

00:03:39: Das ist heute wirklich eine unfassbare Geschichte und es gibt ganz viele Fakten.

00:03:44: Es gibt eine eigene Welt, in die wir eintauchen.

00:03:48: Es gibt ganz viele Fakten.

00:03:49: Wir lernen auch wieder ganz viel in dieser Folge über ein Thema, mit dem wir uns alle mehr beschäftigen müssen.

00:03:55: Würde ich jetzt einfach schon mal sagen so, über das wir alle wahrscheinlich ein bisschen zu wenig wissen, obwohl es so viele Menschen betrifft, wahrscheinlich auch in unserem Umfeld.

00:04:05: Und das machen wir zusammen in dieser Folge.

00:04:07: Und weil die wirklich lang wird und wir wirklich in eine krasse Welt eintauchen, auf eine unfassbare Reise, in ein ganz anderes Leben, würde ich sagen, starten wir jetzt am besten mal direkt rein.

00:04:20: Und übernächste Woche gibt's dann mal ein Dating-Fall wieder.

00:04:23: Ich bin gespannt.

00:04:24: Let's go!

00:04:25: Los geht's mit meiner True Love-Volge.

00:04:36: Sie legt ihre Hände auf den Rand der Sprungplattform.

00:04:39: Er fühlt sich rau an.

00:04:41: Es bleibt nur ein kurzer Moment, um Luft zu holen.

00:04:44: Dann

00:04:45: ertönt das Signal und sie macht sich bereit zum Sprung.

00:04:49: Kraftvoll drücken sich ihre Beine ab.

00:04:52: Und ganz kurz fühlt es sich an wie Fliegen.

00:04:56: Dann taucht ihr Körper mit den Händen zuerst in das blaue Wasser ein.

00:05:01: Sie wirft beide Arme gleichzeitig nach vorne, bewegt den Körper wellenartig.

00:05:06: Dann folgt der Beinschlag.

00:05:09: Immer, wenn sich ihr Kopf kurz aus dem Wasser erhebt, hört sie Applaus aufbrannten.

00:05:15: Menschen jubeln, pfeifen und klatschen.

00:05:18: Und schon im nächsten Moment ist er wieder das Rauschen des Wassers in ihren Ohren, das den Lärm für ein paar Sekunden ausblendet.

00:05:27: Sie weiß, sie kann es schaffen.

00:05:29: Sie muss es schaffen.

00:05:32: Sie sieht das Ziel schon vor sich.

00:05:34: Nur noch wenige Meter trennen sie jetzt vom Beckenrand.

00:05:37: Und damit von dem Moment, von dem sie immer geträumt hat.

00:05:44: Als sie wieder auftaucht, um kurz Luft zu holen, ist dafür ein Moment einer Erinnerung.

00:05:50: Sie sitzt in einem Schlauchboot.

00:05:52: Um sie herum tost das Meer.

00:05:55: Mit jedem Schaukeln schwappt eine Welle ins Boot.

00:05:59: Auf dem Boden wächst eine Pfütze.

00:06:02: Und sie weiß, es gibt jetzt nur noch eine Möglichkeit.

00:06:06: Sie muss ins Wasser springen.

00:06:08: Sie muss schwimmen.

00:06:11: Das Salz brennt in ihren Augen.

00:06:13: Sie muss kurz blindzeln, um sich zu orientieren.

00:06:16: Um sie herum pfeift der Wind.

00:06:19: Das Boot vor ihr wird von den Wellen hin und her geworfen.

00:06:22: Sie klammern sich fest, sie darf nicht loslassen.

00:06:25: Sie muss es schaffen.

00:06:28: Wieder taucht ihr Kopf unter Wasser ein.

00:06:31: Und damit verblasst die Erinnerung.

00:06:34: Sie ist zurück im Hier und Jetzt.

00:06:38: Sie muss sich auf das konzentrieren, was vor ihr liegt.

00:06:42: Das hier ist der Wettkampf ihres Lebens.

00:06:46: Nur noch wenige Meter trennen sie jetzt vom Beckenrand.

00:06:50: Kraftvoll schiebt sie im Körper durch das Wasser.

00:06:53: Sie spürt den Widerstand auf der Haut.

00:06:56: Es bleibt keine Zeit, nach links oder rechts zu schauen.

00:07:00: Sie weiß nicht, wie schnell ihre Konkurrentinnen sind.

00:07:03: Eine letzte Schmetterlingsbewegung macht sie noch, dann berührt ihre Hand den glatten Beckenrand.

00:07:09: Und es brandet der

00:07:10: Applaus auf.

00:07:19: Es sind so zwei verschiedene Welten, über die du sprichst.

00:07:23: Das ist so verrückt irgendwie an diesem kurzen Prolog.

00:07:27: Also einmal haben wir einen Moment, wo jemand um sein Leben kämpft und einen anderen Moment, wo jemand um eine Medaille oder den Ruhm oder ein Titel kämpft.

00:07:38: Und doch sind diese Momente so nah aneinander, was irgendwie faszinierend ist.

00:07:43: Es geht um so viel in beiden Situationen.

00:07:47: Und Lynn, die Geschichte, die ich angefangen habe, dir zu erzählen, handelt von einer Person, beziehungsweise eigentlich von zwei Personen, zwei Schwestern.

00:07:57: Und die beiden Schwestern sind auch mittlerweile ganz schön bekannt, würde ich sagen.

00:08:03: Hast du schon eine Idee, um wen es geht?

00:08:06: Und hast du das Leben von den beiden Schwestern irgendwie verfolgt?

00:08:10: Also ich denke, dass es sich hier um die Schwimmerin handelt.

00:08:14: Ich habe ... zumindest von dem Film schon gehört und von dem Buch.

00:08:18: Ich muss aber sagen, ich habe beides noch nicht gelesen oder geschaut und habe immer gedacht, ich will mich irgendwann mal mit dieser Geschichte beschäftigen, weil die klingt so unglaublich.

00:08:31: Hab's aber nicht und deswegen freue ich mich umso mehr, dass du mir die Geschichte hatte erzählst.

00:08:35: Ehrlich gesagt ging's mir ganz schön ähnlich.

00:08:38: Also vor der Recherche wusste ich auch gar nicht so richtig.

00:08:41: Ich wusste ganz viel nicht.

00:08:42: Also wir lernen ja heute auch mal wieder was.

00:08:45: Wir machen politische historische Exkurse und schauen uns auch das Leben von diesen zwei unglaublichen Menschen an.

00:08:51: Aber um nicht so viel vorweg zu nehmen, würde ich sagen, steigen wir einfach mal direkt ein.

00:08:57: Die beiden Schwestern wachsen in der Nähe von Damascus auf.

00:09:01: Das ist Syriens Hauptstadt.

00:09:04: Genauer gesagt wohnt die Familie in Sayedah Senab.

00:09:08: Ich hoffe, ich spreche den Namen übrigens alle einigermaßen richtig aus.

00:09:11: Ich hab sie nachgeschaut, aber ich bin da wirklich keine Experte drin.

00:09:16: Ich geb mir bei mir.

00:09:17: Dieser Vorort liegt auf jeden Fall südlich von Damascus.

00:09:22: Sarah wird nineteenhundert fünfundneinzig geboren und ihre kleine Schwester Yusra drei Jahre später.

00:09:30: Damaskus, die Hauptstadt, ist in dieser Zeit total reich an Kultur und Geschichte und wird auch vor dem Krieg als Zentrum für Handel, Bildung und Kunst beschrieben.

00:09:44: Im Sommer werden es hier meist bis zu thirty-fünf Grad.

00:09:47: Die Luft ist trocken und staubig.

00:09:50: Und wer nicht gerade von der Sonne geblendet wird, sieht am Horizont den Berg Jabal Qasiyun, zu dessen Füßen die Stadt errichtet wurde.

00:09:59: An jeder Ecke gibt es frisches Obst oder Souvenirs für die Touristen zu kaufen.

00:10:04: Die Cafés und Restaurants sind voller Menschen, die die Sonne genießen, Skischa rauchen und Kaffee trinken.

00:10:11: Natürlich muss man sagen, es ist auch zu dieser Zeit nicht alles perfekt in Syrien, aber doch erzählen viele Menschen noch heute davon, dass es ein gutes Leben war.

00:10:23: In dieser Zeit wachsen Hyosra und Sarah auf.

00:10:26: Äußerlich ähneln sich die Schwestern.

00:10:29: Sie tragen ihre dunkelbrauen Haare lang, haben braune Augen und lange dunkle Wimpern.

00:10:34: Aber charakterlich sind die beiden so unterschiedlich wie Tag und Nacht.

00:10:39: Sarah ist eher rebellisch, die redet wie ein Wasserfall und hat auch kein Problem damit, fremde Leute anzusprechen.

00:10:47: Jusra ist das Gegenteil.

00:10:49: Sie ist schüchtern, ruhig und fühlt sich eigentlich nur bei ihrer Mutter mehrwart richtig wohl.

00:10:56: Die Schwestern wachsen hier in einer großen Familie aus.

00:10:59: Sie haben eine kleine Schwester, die ist zehn Jahre jünger als Jusra.

00:11:03: Sie heißt Charhet und das bedeutet Honig.

00:11:07: Jusrasname übrigens bedeutet sowas wie Leichtigkeit.

00:11:11: Und Sarasname steht für Fürsten oder Herren.

00:11:15: Ich find's irgendwie mega schön, dass Namen, also oft in anderen Ländern, eine krasse Bedeutung haben.

00:11:22: Also ich hab das Gefühl, ich weiß nicht, entweder kenne ich die deutsche Bedeutung von Leonie nicht.

00:11:29: Aber das ist irgendwie schade, dass das bei uns gar nicht so ein Ding ist.

00:11:34: Also,

00:11:34: ich hab grad mal nebenbei nachgeguckt und es gibt eine Bedeutung für Leonie und ich finde, sie ist sehr, sehr passend.

00:11:43: Der Name Leonie kommt von Die Löwen.

00:11:47: Ja, okay.

00:11:48: Ja, mit Stärke und Mut verbunden.

00:11:52: Leo, ich würde sagen, das passt sehr gut zu dir.

00:11:55: Ich habe ja irgendwann letztens mir vorgenommen, ein bisschen, erst mal Dankeschön, das ist ja lieb.

00:12:00: Und ich habe mir irgendwann letztens vorgenommen, meinem Namen Ursprung Leo ein bisschen gerechter zu werden und viel öfter Leo-Muster zu tragen.

00:12:07: Also ich bin hier aktiv dabei, mir mein eigenes Markenzeichen aufzubauen.

00:12:12: Ich habe es bisher zweimal umgesetzt, bei einem Fotoshooting.

00:12:16: Die Bilder kommen irgendwann bald raus.

00:12:19: Da war ich sehr stolz darauf, dass ich Leo anhatte und den kleinen Wort Gag gemacht

00:12:24: hab.

00:12:24: Ja, ich war auch stolz auf dich.

00:12:26: Was bedeutet denn Lin?

00:12:28: Kann man das auch nachschauen?

00:12:30: Lin

00:12:30: namens ...

00:12:31: Bedeutung.

00:12:32: Ich weiß nicht.

00:12:34: Ich glaub, Lin ... Ah, guck mal.

00:12:36: Doch.

00:12:37: Lin ... Oh, von See.

00:12:39: Sonnenschein.

00:12:40: Sonnenschein.

00:12:42: Das macht doch auch total Sinn.

00:12:44: Und See.

00:12:45: Hä?

00:12:45: Das schwedische Wort ... Lin ...

00:12:49: Kommst du von See?

00:12:50: Und ich liebe das Wasser.

00:12:52: Also heller Sonnenschein, nehm ich auch.

00:12:55: Oh,

00:12:55: auch richtig schön.

00:12:57: Aber irgendwie auch noch Wald.

00:12:58: Okay, also irgendwie ist das alles.

00:13:00: Wald, Licht und See.

00:13:04: Ja, find ich super.

00:13:05: Nehm ich alle drei.

00:13:06: Nehmst du einfach, je nach Stimmungslage kannst du Chris sagen, du möchtest lieber an die See oder in den Wald, je nachdem, wie du dich fühlst.

00:13:14: Und für Gründe ist das immer mit deinem Namen.

00:13:17: Find ich gut.

00:13:18: Wir kehren jetzt zurück von unseren Namensbedeutungen zu unseren beiden Hauptprotagonistinnen und zu ihrer Familie.

00:13:26: Um noch ein bisschen besser Jusra und Sarah kennenzulernen, muss ich dir auch noch so ein bisschen ihre Familie beschreiben, wie sie so aufwachsen, was ihre Eltern so machen.

00:13:35: Also erst mal habe ich ja schon gesagt, das ist eine Riesenfamilie.

00:13:38: Ihre Eltern haben zusammen elf Geschwister.

00:13:42: Und das bedeutet auch, dass da immer was los ist.

00:13:44: Also oft sind einfach dann die Tanten und Onkels mit ihren Cousinen und Cousins zu Besuch und es ist einfach eine total soziale, lebhafte Zeit.

00:13:55: Ihr Vater, Eszard, ist ein schlanker Mann mit kurzen, schwarz-grauen Haaren und einem Schnauzbad.

00:14:02: Eszard ist Schwimmtrainer bei der syrischen Nationalmannschaft.

00:14:06: Und ihr erwartet, dass man ihn dort in der Halle immer nur als Trainer anspricht.

00:14:11: Also auch seine Töchter sollen ihn nicht Papa nennen, sondern Trainer vor Ort.

00:14:16: Zu Hause ist es aber ein bisschen anders, da nennen sie ihn liebevoll Baba.

00:14:20: Oh.

00:14:21: Vater ersattest streng und legt großen Wert auf Leistung.

00:14:25: Mutter Mehrwart mit dem freundlichen Gesicht arbeitet als Physiotherapeuten und kümmert sich viel um ihre Mädchen.

00:14:32: Ihr ist wichtig, dass ihre Töchter gut in der Schule sind.

00:14:35: und dass sie alles haben, was sie brauchen.

00:14:39: Vater Eszard und Mutter Mehrwart sind keine streng Muslime.

00:14:43: Ihre Kinder wachsen aber trotzdem mit religiösen Geboten auf.

00:14:47: Sie lernen zum Beispiel, Ältere zu respektieren und auch Menschen aus anderen Kulturen und Religionen zu respektieren.

00:14:56: Obwohl Sarah und Yusra in vielen Dingen so unterschiedlich sind, verbindet sie eine ganz große Leidenschaft.

00:15:04: Hast du schon eine Vermutung, was das sein könnte?

00:15:07: Ja,

00:15:08: wahrscheinlich.

00:15:09: Das Schwimmen, würde ich jetzt mal sagen, nachdem wir sehr viel über Schwimmen gesprochen haben und der Papa-Schwimm-Trainer ist.

00:15:15: Wäre ein Plott-Twist, wenn ich jetzt sage, geil gespielen.

00:15:18: Du.

00:15:19: Also ich dachte, die beiden spielen richtig gerne Fußball.

00:15:23: Wir tanzen Ballett.

00:15:24: Es ist tatsächlich der Schwimm.

00:15:26: Trim.

00:15:27: Ist vielleicht irgendwie... Ja, damit zu erklären, dass der Papa Esad die Töchter auch immer früh schon mitgenommen hat.

00:15:35: Er hat den auch sehr früh schon erklärt, wie man sich im Wasser fort bewegt, wie man die Hände richtig hält, wie sie richtig vom Beckenrand abspringen und welche Bewegungen ihre Beine im Wasser machen sollen.

00:15:47: Er will nicht nur, dass sich die beiden über Wasser halten können, sondern er will auch, dass sie Preise gewinnen.

00:15:54: Er entscheidet schon früh, die beiden sollen professionelle Schwimmerin werden.

00:15:59: Und für professionelle Schwimmerin gibt es nur ein Ziel, und zwar Olympia.

00:16:06: Oh.

00:16:07: Als Sarah sieben Jahre alt ist und Jusra vier, schickt ihr Vater die beiden gleich drei Tage die Woche zum Training im olympischen Becken in der Maskus.

00:16:17: Also Leo, ich muss ja sagen, ich fühle mich gerade sehr an meine... Jugend zurück erinnert.

00:16:23: Nicht, dass ich jetzt auf Olympia trainiert hätte.

00:16:27: Aber ich wurde auch von meinen Eltern sehr zum Sport getrieben.

00:16:32: Ich hab damals Basketball gespielt und ich würde einfach mal behaupten, ich war keine besonders gute Basketballerin.

00:16:37: Mach

00:16:37: dich jetzt nicht so klein.

00:16:38: Und zum anderen, dass mein Papa mit mir ... Nachdem ich schon dreimal die Woche Training hatte, meist am Wochenende noch mal in die Halle gefahren ist, um noch ein paar Körbe zu werfen und meine Wurf zu trainieren.

00:16:51: Und als Kind, ich hab es gehasst.

00:16:55: Ich hab mich im Schuppen manchmal versteckt und wollte dort nicht hingehen.

00:16:58: Aber ich bin mir heute so, also ich bin meinen Eltern heute so dankbar dafür, weil ich so lange Leistungssport gemacht hab und irgendwie, ich glaub, mir hat das schon auch richtig, richtig gut getan.

00:17:09: Aber ich frage mich jetzt natürlich, ob die beiden, wie das bei denen ist, ob die da richtig Bock drauf haben oder ob es eher so wie bei mir war, dass die sagen,

00:17:17: mein Papa will

00:17:17: immer, dass ich das mache, aber ich will eigentlich gar nicht.

00:17:21: Also ich glaube, ich meine, ich kenne ja auch dein Papa und ich stelle mir den nicht ganz so streng vor wie den Vater von Jusra und Sarah, weil der ist echt nochmal ein anderes Kaliber, der erwartet wirklich von den Olympien.

00:17:36: Also aus meiner Perspektive jetzt, was ich jetzt zu der Geschichte recherchieren konnte, habe ich das Gefühl, dass das schon manchmal auch ein bisschen zu streng war.

00:17:46: Das war wirklich sehr, sehr diszipliniert, wie der Volk gegangen wurde.

00:17:50: Aber ich muss sagen, das kommt voll drauf an, weil ich habe auch eine meiner ältesten Kindheitsfreundenen, die ist tatsächlich in den Profi-Sport gegangen und war auch öfter bei der Olympiade.

00:18:01: Und dort hat auch vor allem der Vater ... sehr gepusht immer.

00:18:07: Aber

00:18:08: die wollte das auch wirklich.

00:18:09: Ich glaube, das ist der entscheidende Unterschied.

00:18:11: Ob du wirklich, wenn das dein Ziel ist, dann ist es tatsächlich auch schon sehr hilfreich, wenn deine Eltern dich dahin pushen.

00:18:20: Aber es muss halt wirklich auch der Wunsch des Kindes sein, würde ich jetzt mal sagen.

00:18:23: Genau, ich glaube, irgendwann muss man dann halt auch mal ein Gespräch führen, wenn das Kind auch... selber wirklich entscheiden darf und es sollte natürlich immer selber entscheiden.

00:18:32: Aber wenn es wirklich reflektiert, entscheiden kann, will ich diese Härte und dieses Training oder ist mir das zu viel?

00:18:40: Du wirst gleich sehen, dass das bei Jusra und Sarah so ein bisschen unterschiedlich verläuft.

00:18:50: Am Anfang trainieren die beiden aber zusammen.

00:18:52: Mehrmals die Woche ziehen Sarah und Jusra im Becken ihre Bahn.

00:18:56: Danach sind sie so erschöpft, dass sie sofort einschlafen.

00:19:01: Das Schwimmen wird bei den beiden zu einer Art Konstante in ihrem Leben.

00:19:06: Schon bald können sie sich ihr Leben ohne das Training überhaupt nicht mehr vorstellen.

00:19:11: Und bald sind sie vom Schwimmen so besessen wie ihr Vater.

00:19:16: Die Familie wohnt mittlerweile in einem anderen Ort, in der Stadt Daraya.

00:19:21: Abends vor dem Fernseher schaltet Vater Esad so lange durch die Kanäle, bis er sein Lieblingsprogramm findet.

00:19:30: Schwimmbettkämpfe.

00:19:36: Fasziniert verfolgt Jusra hier den Amerikaner Michael Phelps.

00:19:41: Einmal kämpft er sich von einer hinteren Position auf den ersten Platz und holt sich den Sieg.

00:19:48: Jusra ist begeistert.

00:19:50: Von diesem Moment an steht für sie fest, sie will einmal genauso sein wie Michael Phelps.

00:19:57: Sie will die olympische Goldmedaille holen.

00:20:10: Dass dieser Traum Jahre langes hartes Training und Verzicht bedeutet, ist Jusra natürlich nicht klar in diesem Moment.

00:20:20: Aber als hätte Vater Essard ihre Gedanken gelesen, verkündet er ihr eines Tages?

00:20:25: Ab morgen bist du eine professionelle Schwimmerin.

00:20:28: Von nun an wirst du jeden Tag zwei Stunden trainieren.

00:20:32: Du schwimmst mit deiner Schwester in der Jugendmannschaft von Damascus.

00:20:36: Und Jusra neckt.

00:20:37: Sie weiß, der nächste Schritt ist dann die syrische Nationalmannschaft.

00:20:41: und somit internationale Wettbewerbe und die Olympia-Qualifikation.

00:20:47: Und auch Sarah will unbedingt Profi-Schwimmerin werden.

00:20:52: Und sie macht sich auch mit ihren zwölf Jahren sehr, sehr gut.

00:20:55: Sie schwimmt mittlerweile auf einem Top-Niveau und wird deshalb von den Trainern der syrischen Nationalmannschaft für das Team ausgewählt.

00:21:05: Und das auch nicht nur im Schwimmen, Sarah trainiert auch fünf Kampf, Und bei den panarabischen Spielen holt sie mit ihrer Staffel sogar die Selbermedaille.

00:21:16: Und als jüngste Medaillengewinnerin lernt sie sogar den Präsidenten Bashar al-Assad kennen.

00:21:24: Schon bald gilt Sarah in der syrischen Nationalmannschaft als Star.

00:21:29: Sie schwimmt in verschiedenen Disziplinen im Schmetterlingsdil und krault bei Wettbewerben über längere Distanzen.

00:21:37: Drei Jahre lang trainiert Sarah Wahnsinnig hart.

00:21:42: Aber all das belastet ihren Körper.

00:21:45: Ihre Schultern schmerzen.

00:21:47: Sie kann kaum noch schwimmen.

00:21:49: Immer öfter streitet sie darüber mit ihrem Vater.

00:21:52: Dann schreit er, schau dir deine kleine Schwester an.

00:21:56: Warum kannst du nicht ein bisschen mehr so sein wie Jusra?

00:22:00: Oh Mann, okay, das finde ich jetzt auf jeden Fall viel zu viel.

00:22:03: Ja, ich denke mir halt so.

00:22:04: vor allen Dingen, wenn der Körper nachlässt und schmerzt, dann ist es ja schon Zeichen und sie ist immer noch ein Kind.

00:22:11: Ja, und das führt auch jetzt dazu, dass Sarah immer so ein bisschen rebellischer wird.

00:22:16: Also sie fängt jetzt an, die Schule zu schwänzen.

00:22:19: Sie geht viel mehr aus, während Jusra all das tut, was ihren Vater glücklich macht.

00:22:26: Jusra trainiert immer weiter hart.

00:22:29: Mit zwölf Jahren wird auch sie in die syrische Nationalmannschaft aufgenommen.

00:22:34: Sie ist jetzt Wettkampfschwimmerin und ein Schritt näher an ihrem Traum von Olympia.

00:22:40: Und das ist jetzt ihr großes Ziel.

00:22:42: Sie will zu Olympia.

00:22:44: Doch gerade, als Josras Traum zum Greifen nahe wirkt, verwandelt sich ihr Leben in ein Albtraum.

00:22:52: Und nicht nur ihr Leben.

00:22:55: Das Leben aller Syrerinnen und Syrer.

00:23:00: Im März, es gibt viele Tote und Verletzte.

00:23:02: Den Ärzten gehen die Medikamente aus, auch Treibstoffen.

00:23:09: Im März, setzt Familie Madini wieder gemeinsam vor dem Fernseher.

00:23:15: Aber heute schauen sie kein Sportprogramm.

00:23:19: Stattdessen zeigt der Bildschirm lodernde Flamm.

00:23:22: In Libyen ist ein Bürgerkrieg ausgebrochen.

00:23:26: Seit dem siebzehnten Februar gibt es dort Demonstrationen gegen die Herrscher von Moammal-Al-Qadhafi.

00:23:33: Der Konflikt eskaliert immer mehr zu einem bewaffneten Aufstand.

00:23:38: Die Rebellen wollen den Machthaber stürzen.

00:23:40: Was sich in Libyen abspielt, ist Teil einer ganzen Welle von Aufständen und Protesten, die als Arabischer Frühling in die Geschichte eingehen werden.

00:23:54: Alles begann wenige Monate zuvor in Tunesien.

00:23:57: wo die Menschen gegen Korruption und Unterdrückung auf die Straße gingen.

00:24:02: Der Funke springt über, zunächst nach Ägypten, danach Libyen, in den Jemen und weitere Länder.

00:24:10: Millionen Menschen in der arabischen Welt fordern in dieser Zeit mehr Freiheit, mehr Demokratie, ein Ende der Diktaturen.

00:24:18: Auch Syrien wird schon bald Teil dieser Bewegung sein.

00:24:23: Doch noch an das niemand.

00:24:26: Sarah schaut aufmerksam zum Fernseher.

00:24:29: Dann flüstert sie.

00:24:31: Das ist schon cool.

00:24:32: Unheimlich, aber cool.

00:24:35: Ihr Vater schaut sie entgeistert an.

00:24:37: Spinnst du?

00:24:38: Sowas wird hier nie passieren, kapiert?

00:24:41: In Syrien wird niemals etwas derartiges geschehen, sagt er.

00:24:46: Er erklärt, sein Töchter in Syrien sei ein stabiles Land.

00:24:50: Die Leute seien ruhig und friedlich und haben ein gutes Leben.

00:24:54: Wir sind nicht so wie die.

00:24:56: ergänzt er noch.

00:24:57: Er denkt, der Funke der Revolution springt nicht über.

00:25:02: Aber es wird nicht mehr lange dauern, bis klar wird, wie sehr er sich getäuscht hat.

00:25:09: Ja, man kann sich das ja kaum vorstellen, aber es sind ja diese letzten Momente vor dem großen Krieg und dass man dann noch so.

00:25:19: alles ist noch ganz normal, man fühlt noch ein ganz normales Leben und auf einmal ist das vorbei.

00:25:24: Das ist vorunvorstellbar, bis es halt dann passiert.

00:25:28: Ich glaube, vor allem auch für eine Familie wie die der Madinis war das Leben einigermaßen alltäglich und normal.

00:25:35: Man muss aber sagen, auch wenn das z.B.

00:25:38: Vater Esad so wahrnimmt, ist das Leben für z.B.

00:25:42: regierungskretische Menschen im Land auch in dieser Zeit schon alles andere als normal.

00:25:47: Syrien ist in der Zeit eine Diktatur.

00:25:50: Also... Assad, der Diktator in der Zeit, der das Ganze von seinem Vater quasi übernommen hat, regiert als Alleinherrscher.

00:25:58: Und wer sich ihm in den Weg stellt, wird ins Gefängnis gesteckt.

00:26:04: Aber das Ding ist, auf der Straße und im Alltag wie die Madinis leben, bekommt man davon nicht so viel mit.

00:26:11: Wenn man aber in dieser Zeit in die Gefängnisse schaut, sieht man, dass die voll sind von Regierungskritikern.

00:26:17: Doch die Familie Madini glaubt, dass diese Revolution, dass die nur die anderen Länder betrifft.

00:26:24: Ein paar Tage später sprühen Jugendliche plötzlich Parolen an eine Wand in Syrien.

00:26:30: Darauf zu lesen ist, deine Zeit ist abgelaufen, Doktor.

00:26:35: Also Assad, der Diktator, der das quasi geerbt hat, war vorher eigentlich Arzt.

00:26:41: Das war ganz spannend.

00:26:41: Der hat auch in London gearbeitet, ganz lange.

00:26:45: Und man sagt,

00:26:46: also

00:26:47: alle hatten Hoffnung, dass der eigentlich anders wird.

00:26:49: und viel fortschrittlicher denkt und herrscht, aber er ist dann doch ins alte Muster verfallen.

00:26:56: Und darauf spielen jetzt halt die Jugendlichen an und sagen, Doktor, es ist jetzt die Zeit, dass auch du abgesetzt wirst.

00:27:04: Und sie sprainen auch dorthin das Volk, weil den Sturz des Regimes.

00:27:10: Mit diesen Parolen und mit diesen Ausdrücken hat es auch in Libyen angefangen.

00:27:15: Die Jugendlichen werden danach festgenommen und Schwärmes handelt.

00:27:18: Das wiederum führt zu spontanen Protesten von Angehörigen und Mitbürgern.

00:27:23: Menschen gehen auf die Straße.

00:27:25: Der Funke ist übergesprungen.

00:27:29: Welche Faktoren aber genau zum Ausbruch des Bürgerkriegs in Syrien geführt haben, erklärt uns einmal die Politikwissenschaftlerin Bente Scheller.

00:27:38: Bente Scheller leitet das Referat nach Ost- und Nordafrika der Heinrich-Böll-Stiftung.

00:27:44: Die Situation in Serien war wirklich schon lange sehr, sehr schwierig, weil es ein hartes autoritäres Regime war, schon seit den Siebzigerjahren und weil es schwer hinzukam, dass nach der Machtübergabe oder dem Machtwechsel vom damals verstorbenen Präsidenten Hafizal Assad zu seinem Sohn Bashar eine gewisse wirtschaftliche Öffnung kam und so die soziale Schere immer weiter auseinander klaffte.

00:28:09: Also es gab eine Politische Elite, die ihre Privilegien nutzte, um sich zu bereichern und eben auch sehr stark zur Schautrug, dass sie eben in dieser privilegierten Position war.

00:28:19: Und das führte zu einer immer größeren Unzufriedenheit in Syrien.

00:28:23: Dann haben Jugendliche

00:28:25: in

00:28:25: der südsyrischen Stadt Dara an eine Wand gesprüht, dass diese Jugendlichen verhaftet wurden, dass Kinder verhaftet wurden.

00:28:32: Das war im Prinzip das, was dem Regime dann auch das Genick gebrochen hat, denn das führte zu einem ganz massiven Aufstand der Bevölkerung.

00:28:41: Und die Menschen haben monatelang, muss man wirklich sagen, friedlich demonstriert, immer mit erhobenen Helden und dann immer friedlich, friedlich skandiert, auch Blumen verteilt und Wasser... an die Soldaten, die das Regime schickte, um die Proteste niederzuschlagen.

00:28:57: Aber die große Brutalität, mit der das Regime von Anfang an die Demonstrierenden bekämpft hat, das war etwas, was die Situation immer weiter aufgeheizt hat.

00:29:06: Etwa sechs Monate nach Beginn des Aufstands gab es immer mehr bewaffnete Gruppen und hier war auch klar, dass ein Faktor dafür, wie es sich entwickeln würde, darin Bestand, dass westliche Staaten diesen Ausstand eigentlich kaum unterstützt haben.

00:29:20: Mit Worten ja, aber mit Taten nicht.

00:29:23: Niemand hat die syrische Bevölkerung geschützt und es waren wirklich sehr schnell auch rabiate Methoden.

00:29:28: Also es war das Erzwungen verschwinden lassen, bei dem insgesamt über hundertdreißig tausend Menschen verschwunden sind.

00:29:35: Es waren Fassbomben, Chemiewaffen, die eingesetzt wurden.

00:29:39: Und hier gab es nie etwas wie eine Flugverbotszone, die wirklich tausenden, zehntausend Menschen das Leben hätte retten können.

00:29:46: und auch keine Waffenlieferungen an die Aufständischen, was dazu führte, dass letztlich die Islamisten so stark wurden.

00:29:54: Denn diese haben sich an die Golfstaaten gewandt und hier gab es weit aus weniger Hemmungen, ebenso wie bei der Türkei.

00:30:00: Und insofern hat das westliche Nicht-Handeln durchaus

00:30:05: den

00:30:06: Fortlauf der Revolution bestimmt und damit auch dafür gesorgt, dass die Islamisten in eine so starke Position kommen konnten.

00:30:15: Ich finde es total spannend, dass sie uns das noch mal einordnen.

00:30:17: Das ist ja auch einfach ein Konflikt, der zumindest für mich manchmal auch schwer zu verstehen war, weil er einfach so breit gefächert ist.

00:30:26: Und aus einem Wunsch natürlich heraus kommt nach mehr Freiheiten, was ich sehr gut verstehen kann, aber halt so ein Riesenkonflikt einfach auch losgebrochen hat.

00:30:38: Und davon merken jetzt auch die Madinis immer mehr.

00:30:42: Die Nächte in den Vororten von Damascus sind nicht mehr still.

00:30:46: Vor allem da, wo Jusra und Sarah leben, hallen Schüsse durch die Straßen.

00:30:51: Manchmal auch das dumpfe Grollen einer Explosion.

00:30:55: Jusra spürt, wie die Stadt sich verändert, wie der Alltag, den sie kennt, Stück für Stück verschwindet.

00:31:03: Eines Abends beschließen die Eltern, dass es zu gefährlich geworden ist.

00:31:08: Sie packen ein paar Taschen, nur das Nötigste, und ziehen zu Jusras Großmutter.

00:31:12: Dort hoffen sie, es ist sicherer.

00:31:16: Auf den Straßen sehen sie andere Familien, die dasselbe tun.

00:31:20: Türen stehen offen, Fenster sind eingeschlagen.

00:31:25: Jusra weiß, was das bedeutet.

00:31:27: Plünderer.

00:31:29: Häuser, die nur Stunden zuvor noch voller Leben waren, werden ausgeräumt, bis nichts mehr bleibt.

00:31:36: Ihr Vater, Essert, will das nicht zulassen.

00:31:40: Immer wieder macht er sich von der Oma auf den Weg zurück.

00:31:43: hinein in die unsicheren Straßen, um nach dem Haus zu sehen.

00:31:48: Jedes Mal, wenn er geht, fühlt es sich für Jusra so an, als halte sie die Luft an.

00:31:55: Denn der Weg nach Hause ist gefährlich.

00:31:59: Sie und ihre Schwester Sarah warten in der kleinen Wohnung der Großmutter, starren auf das Telefon.

00:32:05: Sobald das Telefon bei ihrer Oma klingelt und sich die bekannte Stimme ihres Vaters meldet, fällt den Schwestern ein Stein vom Herzen.

00:32:17: Auch heute ist mal wieder so ein Tag.

00:32:20: Auch heute ist Vater ersattlos gefahren.

00:32:23: Vor ein paar Stunden hat er sich von seiner Frau, den Töchtern und dem Rest der Familie verabschiedet.

00:32:30: Seitdem warten sie auf seinen Anruf.

00:32:33: Doch das Telefon bleibt still.

00:32:35: Ah nein.

00:32:36: Viel zu lang

00:32:37: schon.

00:32:38: Es muss so grausam sein, auf einen Menschen zu warten, den du so sehr liebst und nicht zu wissen, was ist da los?

00:32:46: Warum kommt er nicht zurück?

00:32:47: Ist vielleicht was passiert?

00:32:48: Es ist jedes Mal aufs Neutraumatisierend.

00:32:51: Und vor allem hat er sich normalerweise viel schneller gemeldet.

00:32:55: Und das Telefon bleibt still, die Stunden feigehen.

00:33:00: Und genauso wie ihre kleine Schwester Shahid und ihre Mutter Mehrwat sitzen sie alle da vor Angst auf dem Sofa.

00:33:08: Nur Sarah geht immer wieder durch die Wohnung und versucht, ihren Vater zu erreichen.

00:33:14: Aber er geht nicht ran.

00:33:15: Hier ist etwas ganz und gar nicht in Ordnung.

00:33:19: Sarah ruft jetzt ihren Onkel an und bittet ihn zum Haus zu gehen und nach ihrem Vater zu schauen.

00:33:26: Und der Onkel stimmt zu.

00:33:27: Dann müssen sie wieder warten.

00:33:31: Jede Minute, die das Telefon weiterhin still bleibt, fühlt sich an wie eine Stunde.

00:33:37: Und dann klingelt es.

00:33:40: Der Onkel meldet sich mit belegter Stimme.

00:33:43: Er hat ihren Vater gefunden.

00:33:45: Er ist übel zugerichtet.

00:33:48: Er wurde von unbekannten Männern auf dem Weg zum Haus überfallen und verschleppt, dann an den Füßen aufgehängt und verprügelt.

00:33:56: Sein Materium hat Stunden angedauert.

00:34:00: Erst dann haben die Angreifer bemerkt, dass sie den Falschen angegriffen haben.

00:34:05: Sie haben ihn dann einfach auf der Straße liegen gelassen.

00:34:08: Er konnte gerade einmal noch nach Hause griechen.

00:34:12: Als die Schwestern jetzt ihren Vater wiedersehen, hat er große Schmerzen.

00:34:16: Also jetzt ist die Gefahr ja direkt zu ihnen nach Hause gekommen.

00:34:20: Das zeigt ja, dass sie nicht mehr sicher sind in diesem Land.

00:34:27: Ja, also der Konflikt hat jetzt ihr Leben insofern beeinflusst, als dass ihr Vater voller Schmerzen ist.

00:34:33: Also als die Schwestern ihn jetzt wiedersehen da.

00:34:36: ist er immer noch irgendwie verletzt, er hat immer noch große große Schmerzen und das sind ja auch nur die äußeren Schmerzen.

00:34:43: Und für ihn steht jetzt auch fest, sie müssen in ein sicheres Gebiet ziehen.

00:34:49: Und dieses etwas sichere Gebiet liegt in der Maske.

00:34:53: Dort heißt es, soll es bisher noch etwas ruhiger sein.

00:34:56: Die umkämpften Gebiete liegen vor allem aktuell noch außerhalb der Stadt.

00:35:02: Der Umzug soll jetzt schnell gehen.

00:35:04: Jusra und Sarah haben keine Möglichkeit, irgendetwas aus ihrem alten Haus zu holen.

00:35:09: Nicht die Fotos von ihrer Familie und ihren Freunden, nicht die schönen Kleider, die ihnen ihre Mutter genäht hat und auch nicht die Medaillen, die sie gewonnen haben.

00:35:18: All das wäre zu gefährlich.

00:35:21: Es gibt keine Zeit für einen Abschied.

00:35:25: Sie müssen alles hinter sich lassen.

00:35:28: Ihr Zuhause werden Sie nie wiedersehen.

00:35:31: Das ist

00:35:31: so schrecklich.

00:35:32: Auch dass es sich von einer Sekunde auf die nächste so ändert.

00:35:34: Weil ich glaub, man denkt immer noch so, ist schon der Zeitpunkt gekommen, wo wir jetzt gehen müssen.

00:35:38: Ist es wirklich so weit?

00:35:39: Und dann irgendwann merkst du, okay, es gibt kein Zurück mehr.

00:35:42: Und du lässt ja dein ganzes Leben hinter dir.

00:35:45: Alles.

00:35:46: Also du auf einmal merkst du, wie wenig das alles wert ist, war eigentlich nur noch das Leben von dir und dass deiner Familie zählt.

00:35:54: Und

00:35:54: all die Herbstseligkeiten, die du so lange angesammelt hast, sind scheißegal.

00:35:58: Komplett.

00:36:00: Sie wollen jetzt in Sicherheit zumindest die nächsten Monate verbringen und kommen jetzt in Damaskus in einem Erdgeschoss eines Aparthotels unter.

00:36:09: Also auch das ist so eine krasse Vorstellung.

00:36:12: Es gibt jetzt halt keine neue Wohnung oder kein neues Haus, sondern halt diese Unterkunft, in der auch ganz viele andere Familien wohnen, die aus Daraya oder anderen umkämpften Gebieten geflohen sind.

00:36:24: Im Fernsehen hören die Madinis hier jeden Tag von noch mehr Opfern.

00:36:29: Das sind erst nur Zahlen, Bilder und irgendwelche abstrakten Berichte.

00:36:35: Doch dann erreichen sie die ersten Nachrichten vom Tod ihrer Freunde und Bekannten.

00:36:40: Jeder Verlust trifft sie tief ins Herz.

00:36:44: Immer mehr Menschen schließen sich jetzt der Armee an oder den Rebellen.

00:36:49: Und bald wird auch Damascus kein sicherer Hafen mehr sein.

00:36:56: Als Kind ist für Jusra die Dimension des Krieges überhaupt nicht so zu greifen.

00:37:00: Später allerdings wird sie wirklich erfahren, welches Ausmaß das Grauen hat.

00:37:07: Mehr als eine halbe Million Menschen verliehen in den ersten Jahren des Krieges ihr Leben.

00:37:12: In den nächsten Jahren bis heute sind es sechshundertfünfzigtausend Tote.

00:37:18: Unter ihnen sind über sechsundzwanzigtausend Kinder.

00:37:22: Millionen weitere Menschen werden verletzt.

00:37:25: Viele für immer gezeichnet.

00:37:27: Ganze Städte entleeren sich.

00:37:29: Mehr als sieben Millionen Syrerinnen und Syrer werden innerhalb des Landes vertrieben.

00:37:35: Weitere Millionen fliehen ins Ausland.

00:37:38: Laut der UNHCR benötigen um die sixteen Komma fünf Millionen Menschen in Syrien.

00:37:43: immer noch, auch Stand jetzt, dringt humanitäre Hilfe und Schutz.

00:37:48: Bis zu vierzehn Komma fünf Millionen Menschen sind auch aktuell von Ernährungssicherheit bedroht.

00:37:55: oder leiden an Nahrungsmangel.

00:37:57: Aktuell leben mehr als neunzig Prozent der Menschen in Syrien unterhalb der Armutsgrenze.

00:38:02: Das vergisst man leider immer wieder, dass das Problem einfach heute noch da ist.

00:38:06: Es verschwindet aus den Nachrichten.

00:38:08: Aber das heißt nicht, dass es weg ist.

00:38:11: Ich fand es auch richtig krass, diese Zahlen zu recherchieren, weil wir alle kennen die Bilder von zerbomben Städten in Syrien und Damascus.

00:38:19: Aber diese Zahl noch mal zu hören, sechshundertfünfzigtausend Tote, ne?

00:38:24: Das ist

00:38:26: unfassbar.

00:38:28: Also ich finde es unfassbar und natürlich ist ja dann verständlich, dass du fliehen musst.

00:38:34: Also

00:38:34: gerade aktuell in der heutigen Zeit, wo man ja auf einmal auch das Gefühl kriegt, dass wir in Deutschland gar nicht mehr so total unberührt von einem möglichen nächsten Krieg wären.

00:38:47: macht man sich ja das erste mal so die Gedanken, was wäre, wenn meine Heimat zerstört würde und wir sind einfach so privilegiert, dass das nie ein Thema war und wir uns das auch nie richtig vorstellen konnten, warum hier auch sehr viele Leute sehr feindlich gegenüber Geflüchteten sind, weil sie sich gar nicht selber vorstellen können, wie es ist, alles zu verlieren und sein Leben zurücklassen zu müssen, was ja niemand gerne macht und wirklich woanders hinzugehen, weil nur noch Krieg und Horror bei sich herrscht.

00:39:14: Und dieser Gedanke Geht mir im Moment auch häufig in den Kopf, was wäre, wenn es bei uns wäre, weil es einfach nicht mehr so fern wirkt, der macht einem richtig Angst.

00:39:24: Und so ist das auch bei Jusra.

00:39:26: Die bekommt das ja alles am eigenen Leib mit.

00:39:29: Sie beobachtet jetzt verzweifelt, wie der Krieg dafür sorgt, dass sich das Land, das sie eigentlich so sehr liebt, Stück für Stück auflöst.

00:39:39: Nachts

00:39:39: liegt sie jetzt oft wach, star vor Angst.

00:39:42: weil sie jederzeit damit rechnet, dass auch eine Granate in das Haus einschlagen könnte, wo sie gerade wohnt.

00:39:49: In der Ferne hört sie in den Nächten Explosionen.

00:39:52: Einige ihrer Mitschüler haben bereits ihr Leben bei Luftangriffen verloren.

00:39:57: Sarah und Jusra, muss man sagen, gehen auch sehr unterschiedlich mit dieser neuen Realität um.

00:40:02: Das hat man ja auch voll beim Schwimmen schon so ein bisschen gemerkt.

00:40:06: Sarah ist da eher so auf dem ... Sag ich mal, Ablenkungsfahrt, also sie versucht irgendwie bis den Alltag aufrecht zu erhalten, bis in Normalität zu schaffen, geht mit Freunden dann noch aus, verbringt ihnen die Zeit mit den Menschen, die sie liebt.

00:40:23: Zum Schwimmtraining erscheint sie aber immer seltener.

00:40:27: Ich will einfach nicht mehr, sagt sie.

00:40:29: Justra wiederum wählt einen anderen Weg.

00:40:32: Sie schwimmt.

00:40:34: Angst, Stress, Trauer.

00:40:36: All das kanalisiert sie in den Sport.

00:40:40: Die Schwimmhalle wird ihr Zufluchtsort.

00:40:44: Im Wasser fühlt sie sich hier frei.

00:40:46: Für einen kurzen Moment kann sie den Krieg ausblenden und sich einfach nur auf den Sport konzentrieren.

00:40:54: Jusra wird immer schneller und schneller.

00:40:57: Niemand hat mehr eine Chance gegen sie.

00:41:01: Und bei der Kurzbahnweltmeisterschaft in Istanbul stellt Jusra einen syrischen Landesrekord über vierhundert Meter Freistil auf.

00:41:10: Sie braucht vier Minuten und sechsundfünfzig Sekunden.

00:41:15: Oh, also ich muss sagen, ich hab jetzt nicht so richtig Ahnung, wie schnell das ist, aber es wirkt sehr schnell.

00:41:20: Es ist auf jeden Fall ein syrischer Landesrekord, also es muss schnell sein.

00:41:23: Dann ist

00:41:23: es sehr schnell.

00:41:25: Ich hab aber auch keine Ahnung, was ich schwimmen würde als absoluter Durchschnittsschwimmerin.

00:41:29: Es ist halt so unglaublich, dass sie das macht.

00:41:31: in dieser Zeit, also in einer Zeit, wo eigentlich das ganze Land gerade in Krieg ist, stellt sie noch ein Landesrekord auf.

00:41:39: Ja, weil ich glaub, dass die Ablenkung ist, die Sarah halt mit Freundinnen bekommt und für Jusra, ich weiß gar nicht, ob sie ohne die Außenbedingungen so krass sich ins Schwimm geflüchtet hätte.

00:41:51: Also es bedingt sich, weil sie da halt den Krieg vergessen kann.

00:41:57: Aber dann passiert was ganz Schreckliches mit diesem Zufluchtsort der Schwimmhalle.

00:42:03: Eines Abends Ende Februar verlässt Jusra die Schwimmhalle nach dem Training.

00:42:08: Sarah wartet schon draußen auf sie.

00:42:10: Die beiden laufen ein Stück die Straße entlang und halten Ausschau nach ihrer Mutter, die sie eigentlich abholen wird.

00:42:18: Plötzlich ist da ein Pfeifen.

00:42:21: Ein komisches lautes Geräusch.

00:42:25: Reflexartig springt Sarah auf ihre jüngere Schwester und reißt beide zur Boden.

00:42:30: Sie schmeißen gerade noch die Arme hoch, um ihren Kopf zu schützen, als eine Granate mit einem Donner einschlägt.

00:42:37: Der Boden unter ihren Füßen bebt und dann riselt von oben etwas auf sie herab.

00:42:43: Glas splitter.

00:42:45: Die Sportlerunterkunft wurde getroffen.

00:42:47: Die Glasscheiben sind dabei zersprungen.

00:42:50: Im nächsten Moment sehen die Schwestern das Auto ihrer Mutter an die Straße einbiegen.

00:42:54: Sie springen vom Boden auf, rennen ihr entgegen, rein ins Auto hinein.

00:42:59: Ihre Mutter legt schnell, panisch den Rückwärtsgang ein.

00:43:03: Dann ertönt erneut ein Pfeifen.

00:43:06: Sie tritt das Gaspedal durch und sie rauschen davon.

00:43:10: Das war knapp.

00:43:12: Sie wären fast drei Zahlen mehr in der Statistik an Todesopfer, die sie in der Zeitung verkünden.

00:43:24: Dann, wie du dir vorstellen kannst, verändert dieser Tag natürlich unheimlich viel im Leben der Schwestern.

00:43:29: Ja,

00:43:29: also jetzt können sie ja gar nicht mehr schwimmen gehen, oder?

00:43:32: Und die Angst ist natürlich auch immer dabei.

00:43:35: Genau, also sie sind eigentlich gerade nach Bombe entgangen.

00:43:38: Die Bombe hat ... die Sportlerunterkunft getroffen, noch nicht die Schwimmhalle.

00:43:44: Die Schwimmhalle existiert noch, aber ja, also es ist natürlich jetzt auch sehr traumatisierend, an den Ort zu gehen, wo man fast gestorben wäre.

00:43:53: Und das wirkt sich jetzt auch auf die Schwestern

00:43:56: aus.

00:43:57: Sarah fängt jetzt an, immer öfter davon zu sprechen, Syrien zu verlassen.

00:44:03: So wie viele ihrer Freunde es bereits getan haben.

00:44:06: Eine ihrer Freundinnen studiert mittlerweile mit einem Visum in Hannover.

00:44:11: Deutschland ist ein Ort mit Zukunft, sagt Sarah.

00:44:15: Zukunft, das sieht sie in Syrien mittlerweile nicht mehr.

00:44:20: All die Normalität, die sich auch Jusra inmitten der umkämpften Stadt irgendwie geschaffen hat, ist verschwunden.

00:44:28: Jusra zittert, wenn sie an die Explosion zurückdenkt.

00:44:33: Sie schafft es auch nicht mehr zum Schwimmtraining zu gehen.

00:44:36: Die Angst hat sich in ihren Alltag gefressen.

00:44:40: Und die Angst hat auch ihre Ziele, Olympia zum Beispiel und ihre Lebensfreude ausgelöscht.

00:44:48: Sie war ja eigentlich auf dem Weg Profi-Schwimmerin zu werden.

00:44:52: Aber ein Jahr lang geht sie jetzt nicht mehr in die Schwimmhalle.

00:44:57: Sie traut sich nicht.

00:44:59: Oh Mann, ich kann es voll verstehen.

00:45:00: Also ich würde mich auch nicht mehr trauen.

00:45:02: Vor allem ist ja Schwimmen, also ich schwimme auch gerne nicht vergleichbar mit dem, was sie macht, aber du bist ja zum Großteil mit dem Kopf unter Wasser und kriegst gar nicht so viel von deiner Umgebung mit.

00:45:13: Und das stelle ich mir einfach sehr gruselig vor, wenn die Angst da ist, dass eine Bombe einschlagen könnte, weil du hörst es nicht.

00:45:21: Also dafür ist es unter Wasser zu dumpf.

00:45:25: Und deswegen kann ich mir vorstellen, dass es gerade bei diesem Sport nochmal beängstigen

00:45:29: ist, das

00:45:31: zu machen.

00:45:32: Ja, aber das ist natürlich für sie als Profisportlerin, sie fällt ja dann total raus.

00:45:37: Ja, das ist nämlich kein Problem.

00:45:39: Eigentlich muss man ja im Ball bleiben, aber es geht halt einfach nicht.

00:45:43: Also die Angst ist zu groß in diesem Jahr.

00:45:45: Erst nach über einem Jahr traut sich Jusra dann doch wieder in die Schwimmhalle.

00:45:51: Am Ende der Bahn macht sie eine kurze

00:45:53: Pause

00:45:54: und atmet durch.

00:45:57: Genau in diesem Moment gibt es einen donnernen Knall.

00:46:01: Kurz ist alles still.

00:46:04: Dann ertönen Schreier.

00:46:07: Raus!

00:46:08: Alle raus!

00:46:10: pult der Schwimmtrainer.

00:46:12: So schnell Josra kann, springt sie aus dem Becken und rennt zum Ausgang.

00:46:17: Sie blickt noch nach oben.

00:46:19: und sieht durch ein ausgefranztes Loch in der Decke den Himmel.

00:46:24: Ihr Blick fällt jetzt auf das Wasser, in dem sie gerade noch war.

00:46:28: Auf dem Grund des Beckens liegt ein schimmerner grüner Gegenstand und einer zulaufenden Spitze.

00:46:35: Eine RPG Granate.

00:46:37: Sie wurde abgeworfen, ist durch die Decke gebrochen und war kurz vor der Explosion.

00:46:44: Aber sie ist zum Glück nicht gezündet.

00:46:47: Sonst wäre hier jeder augenblicklich tot gewesen.

00:46:52: Ist das nicht so krass?

00:46:54: Ja,

00:46:55: das zeigt ihr ja wieder, wie gefährlich das ist.

00:46:58: Aber gut, diese Bombe hätte sie auch überall treffen können.

00:47:01: Trotzdem super, super gruselig.

00:47:04: Also, es gibt diese eine Szene im Film, auch im Trailer, falls ihr mal schnell reinschauen wollt, wo Jusra ihre Bahn zieht und dann fällt halt diese Granate ins Wasser und ... Als ich das im allerersten Mal gesehen hab und noch nicht an der Stelle in der Recherche war, hab ich mir gedacht, okay, da haben die Filmemacher halt ein bisschen das Zugespitz dargestellt.

00:47:24: Weil was für ein Zufall, dass sie schwimmt und eine Granate in ihr Becken reinfällt.

00:47:32: Und es ist aber exakt so passiert.

00:47:34: Und das, also ich komm darauf nicht klar.

00:47:37: An dem Ort, wo sie immer friedvoll war, wo sie Ruhe gefunden hat, fällt eine Granate ins Wasser.

00:47:44: versinkt da ganz langsam.

00:47:45: Es ist unfassbar.

00:47:47: Und man versteht auch, dass zum Beispiel jetzt ihre Mama danach halt sagt, also sie fleht danach, bitte, bitte hör mit dem Schwimmen auf.

00:47:54: Das ist zu gefährlich.

00:47:56: Es war eine Granate im Becken.

00:47:58: Gehen nicht mehr zu diesem Ort.

00:48:00: Aber da nicht mehr hinzugehen, würde halt für Jusra bedeuten, ihren Traum aufzugeben.

00:48:05: Das will sie nicht.

00:48:07: Sie will es unbedingt schaffen.

00:48:09: Und sie realisiert, wenn sie es nicht in Syrien schaffen kann, weil sie hier im Becken sterben könnte, dann eben woanders.

00:48:18: Vielleicht geht es ja in Deutschland.

00:48:21: Vielleicht hat ihre große Schwester Sarah doch recht, denkt Jusra.

00:48:26: Vielleicht liegt ihre Zukunft in Europa.

00:48:31: Später spricht Jusra mit Sarah über ihre neuen Gedanken.

00:48:36: Die beiden überlegen jetzt gemeinsam ihr Heimatland zu verlassen.

00:48:40: Sie wissen einfach nicht mehr weiter.

00:48:42: Sie wollen eine Zukunft.

00:48:43: Sie wollen leben.

00:48:45: Also müssen sie weg.

00:48:48: Aber für so eine Flucht brauchen sie natürlich Zustimmung ihrer Familie.

00:48:53: Gemeinsam bearbeiten sie jetzt ihren Papa, damit er sie die Reise nach Deutschland antreten lässt und auch ihnen genug Geld gibt für Schleuser und den Transport.

00:49:04: Ihr Vater, der übrigens aktuell in Jordanien lebt und dort auch arbeitet und dort halt auch das Geld verdient für die Familie als Schwimmtrainer.

00:49:13: der weiß auch, wie gefährlich der Weg über das Mittelmeer ist.

00:49:19: Und dann auch noch für zwei junge Frauen.

00:49:21: Man muss hier bedenken, Sarah ist zwanzig Jahre alt in dieser Zeit und Jusra siebzehn.

00:49:29: Aber ihr Vater ersagt weiß auch, dass die Flucht eine Chance auf ein besseres Leben ist.

00:49:36: Auf ein Leben, in dem seine Töchter sicher sein können und ihre Träume verwirklichen.

00:49:43: Also Stimmt er zu.

00:49:46: Aber er hat eine Bedingung.

00:49:48: Sein Cousin soll die Schwestern begleiten.

00:49:51: Vater Essert vertraut dem und der Cousin denkt auch schon länger über eine Flucht nach.

00:49:56: Er wird bald achtzehn und das bedeutet, dass er eigentlich vom Militär eingezogen werden würde in den Krieg und ... dem auch entgehen möchte.

00:50:04: Aber was ist mit dem Rest der Familie?

00:50:06: Also es gibt ja noch die Mutter und ich dachte, da sind auch mehr Geschwister, oder?

00:50:10: Ja, die haben ja noch eine jüngere Schwester, die zehn Jahre jünger ist.

00:50:16: Und

00:50:17: ja, die wollen eigentlich auch mit.

00:50:19: Also der Vater gibt den beiden Töchtern jetzt halt sein Segen und das nötige Geld.

00:50:24: Und auch die Mutter gibt ihren Segen und sagt auch, dass sie mit der kleinen Schwester Shahid die begleiten will.

00:50:31: Aber Sarah ist dagegen.

00:50:32: Sarah sagt auf gar keinen Fall, lass uns erst mal gehen, gucken, wie gefährlich das ist.

00:50:38: Weil die kleine Schwester ist ja erst sieben Jahre alt.

00:50:41: Und wenn sie zum Beispiel auf dem Schlauchboot, auf dem Mittelmeer ist und die irgendwie schwimmen müssen und kennt, dann wird sie sterben, weil sie kann noch nicht schwimmen.

00:50:51: Und Sarah verspricht, dass sie ihre Mutter und die kleine Schwester nachholt, sobald sie in Deutschland sind.

00:50:57: Das

00:50:57: finde ich.

00:50:58: Auch immer so schrecklich, dass diese Familien sich trennen müssen und dass dann die starken Kinder losgeschickt werden, oft ja auch nur die Männer.

00:51:07: Und dann nur mit der Hoffnung, dass sie irgendwann den Rest der Familie nachholen können.

00:51:11: Und ich finde es so ungewöhnlich, dass es in diesem Fall halt zwei so junge Frauen sind.

00:51:16: Und diese Reise jetzt antreten, diese Flucht, Reise ist ja viel zu ... Ja, verharmlosend ausgedrückt.

00:51:23: Sie müssen jetzt einfach diese Flucht bewältigen.

00:51:26: Und dafür brauchen sie Ausrüstung.

00:51:28: Jusra und Sarah kaufen Rucksäcke.

00:51:31: Viel wissen sie, werden sie eh nicht mitnehmen können.

00:51:34: Nur ein bisschen Kleidung, ihre Pässe und die Handys.

00:51:38: Sie gründen eine WhatsApp-Gruppe, in der sie ihre Familie und ihre Verwandten einfügen und immer auf dem Laufenden halten wollen.

00:51:46: Und ... Sie laden eine GPS-App herunter, mit der ihre Eltern jederzeit sehen können, wo sie sich gerade befinden.

00:51:53: Und am zwölften August, zwei Tausend Fünfzehn beginnt dann die Reise ins Ungewisse.

00:51:59: Wo sie am Ende landen, das wissen die beiden noch gar nicht.

00:52:03: Hauptsache weg von den Bomben.

00:52:06: Sie wissen bisher nur Folgendes vom Plan.

00:52:09: Von Syrien wollen sie über Beirut nach Istanbul fliegen, das ist der einfache Part.

00:52:15: Schwierig wird es danach, also in der Türkei, dort müssen sie dann die Schleuser kontaktieren und ja, die weitere Reise übers Mittelmeer organisieren, aber an diesem Teil denken Jusra und Sarah erst mal noch nicht, als sie jetzt am Flughafen stehen.

00:52:33: Jetzt gerade heißt es für sie erstmal Abschied nehmen.

00:52:37: Abschied nehmen von ihrer Familie, von Syrien und von dem Leben, wie sie es bisher kannten.

00:52:44: Eine ganze Minute drückt ihre Mutter Jusra an sich.

00:52:48: Jusra spürt die Wärme ihres Körpers und atmet den vertrauten Geruch ein.

00:52:55: Mach's gut, Habipti, sagt ihre Mama.

00:52:58: Die kleine Schwester Schahit fragt, wann kommst du zurück?

00:53:03: Und Jusra schüttelt nur den Kopf.

00:53:07: Ich hab gerade so mit den Tränen zu kämpfen und ich seh's bei dir ja auch, weil ... Diese Vorstellung sich für immer von seinen Liebsten zu verabschieden.

00:53:17: Ich weiß nicht, ob ich das könnte.

00:53:19: Ja.

00:53:19: Vor allen Dingen von der kleinen

00:53:21: Schwester.

00:53:23: Und vor allem können die sie ja auch jetzt nicht anlügen.

00:53:25: Also sie können ja jetzt nicht sagen, ja, wir kommen in einem Monat zurück.

00:53:29: Deswegen sagen die, nein, wir kommen nicht mehr zurück.

00:53:33: Und

00:53:34: der kleinen Schwester wird jetzt erst so richtig klar, was das bedeutet.

00:53:38: Ihre große Schwester, dann verlassen sie.

00:53:40: Nein bitte, geht nicht.

00:53:42: wenn man zieht und klammert sich an Sarahs Hüfte, während Tränen über ihre Wangen

00:53:47: laufen.

00:53:48: Also ich glaube, wir beide haben ja kleine Geschwister, deswegen das ist unvorstellbar für uns, merke ich.

00:53:56: Ja, auch für Jusra ist dieser Augenblick kaum zu ertragen.

00:54:01: Sarah beugt sich jetzt zu der Kleinen herunter und sagt, Herr, mir gut zu.

00:54:06: Schon sehr bald werden wir wieder zusammen sein.

00:54:08: In einem anderen Land.

00:54:10: Du, ich, Mama und Jusra, wir kümmern uns darum.

00:54:14: Du musst nur ein paar Tage, vielleicht Wochen warten.

00:54:19: Jusra und Sarah hoffen in diesem Moment so sehr, dass das die Wahrheit ist.

00:54:23: Aber sie wissen es einfach

00:54:25: nicht.

00:54:25: Sie wollen sie halt nachholen, aber sie können es auch nicht hundertprozent versprechen.

00:54:32: Aber ich verstehe auch, dass man das sagt, weil das ist ja absoluter Wunsch.

00:54:37: Und ihre Hoffnung, sie müssen es halt nur erst mal überleben.

00:54:40: Bis nach Deutschland.

00:54:42: Und dann geht's los.

00:54:45: Als der Flieger in Istanbul aufsetzt, trasseln verschiedene Gefühle auf Jusra und Sarah ein.

00:54:51: Erleichterung, die erste Etappe geschafft zu haben.

00:54:54: Trauer nach dem Abschied von ihren Liebsten.

00:54:57: Und Angst vor dem, was vor ihnen liegt.

00:55:01: Istanbul ist eine laute Metropole.

00:55:04: Unzählige Touristen laufen durch die Straßen, machen Fotos oder probieren die Köstlichkeiten auf den lokalen Märkten.

00:55:11: Und während andere hier gerade im Urlaub sind, fragen sich Usra und Sarah, wie es nun weitergeht.

00:55:19: Von einem Freund haben sie nämlich den Kontakt eines anderen Syras bekommen.

00:55:23: Der lebt in Istanbul und kennt sich damit aus, wie man von hier am besten, muss man ja sagen, illegal weiterreist.

00:55:31: Also die beiden können ja jetzt nicht wie Ja, vielleicht sogar einige Lovelies oder du und ich, vielleicht schon mal in Istanbul waren und dort am Flughafen halt wieder den Flieger zurückgenommen haben.

00:55:43: Das geht ja einfach gar nicht.

00:55:45: Sie müssen den Weg so antreten, dass niemand sie aufhalten kann.

00:55:50: Also keine Grenzpolizei, keine Grenzkontrolle, sie wieder zurück schickt oder sie verletzt und noch schlimmeres mit ihnen tut.

00:55:58: Was auch sehr gut passieren kann.

00:56:01: Und dafür brauchen sie jetzt diesen Kontakt.

00:56:03: Schon kurz nach der Landung treffen Jusra und Sarah jetzt diesen Mann.

00:56:08: Er erklärt ihnen, dass sie jetzt zwei Möglichkeiten für die Weiterreise haben.

00:56:12: Entweder sie überqueren mit Hilfe von Schleusern und einem Schlauchboot, das mehr nach Europa, oder sie gehen zu Fuß.

00:56:21: Letzteres ist günstiger, aber sie müssen dabei über die pulgarische Grenze.

00:56:26: Und das wiederum ist gefährlich.

00:56:29: Denn dort an der Grenze soll die Polizei hart kontrollieren.

00:56:33: Das hat der Mann gehört.

00:56:35: Und genauso hart soll ihr Umgang mit Menschen sein.

00:56:38: Es heißt, dass Geflüchtete dort geschlagen werden, dass ihnen teilweise Arme und Beine gebrochen werden.

00:56:44: Aber auch die erste Option, die Flucht übers Mittelmeer, ist sehr, sehr gefährlich.

00:56:51: Mit einem Schleuserboot von der türkischen Küste auf die griechische Insel überzusetzen, kostet US-Dollar.

00:56:59: Und die Schwestern haben gehört, dass den Menschen teilweise gefälschte Schwimmwesten gegeben werden, die mit Packpapier gefüllt sind und einen unter Wasser ziehen, sobald sie nass werden.

00:57:11: Wer tut so was?

00:57:12: Das ist ja so barbarisch, dass man das Not der Menschen ausnutzt und ihnen dann so was verkauft, was sie im Ende den Tod zieht.

00:57:21: Es ist unfassbar und mehr dazu kann uns tatsächlich jemand erzählen, und zwar Julia Mesmar.

00:57:29: Sie arbeitet bei der Seenotrettungsorganisation SeaWatch.

00:57:34: SeaWatch ist eine gemeinnützige Initiative, die sich der zivilen Seenotrettung im Mittelmeer verschrieben hat.

00:57:40: Julia ist eine der Sprecherinnen von SeaWatch und auch aktiv auf den Schiffen dabei.

00:57:47: Sea-Watch existiert dieses Jahr seit zehn Jahren und wir betreiben mittlerweile zwei Schiffe und drei Flugzeuge, mit denen wir auf der einen Seite Menschen aktiv aus Seenot retten und auf der anderen Seite Menschenrechts-Beobachtungsflüge über den Mittelmeer ausführen.

00:58:00: So konnten wir über siebenundvierzigtausend Menschen retten und sicher nach Italien ein Land bringen.

00:58:05: Aber natürlich gibt es noch weitaus mehr Schiffe von Zivilgesellschaftlichen Organisationen.

00:58:10: Diese nennen wir die Zivile Flotte und sie besteht mittlerweile aus fünfzehn Rettungsschiffen, acht Segelbooten und vier Flugzeugen.

00:58:16: Und all diese Organisationen machen die Arbeit, die sie machen, nur weil europäische Staaten und die EU Menschen aktiv auf ihre Flucht über das Mittelmeer sterben lassen.

00:58:27: Aktuell führen verschiedene Fluchtrouten oder über das Mittelmeer.

00:58:30: Es gibt immer noch Menschen, die versuchen, über die See von der Türkei nach Riechenland zu fliehen, wie Sarah und Jus Ramadines gemacht haben.

00:58:37: Aktuell steigt aber auch die Anzahl an Menschen, die versuchen von Libyen auf die ireische Insel Krita zu kommen.

00:58:43: Primär versuchen Menschen von Libyen und Tunesien nach Malta oder Italien zu gelangen.

00:58:48: Und genau auf dieser Route arbeiten wir.

00:58:50: Sie nennt sich die zentrale Mittelmeer-Route.

00:58:52: In twenty-fünfundzwanzig sind nach Angaben der weltgeflüchteten Organisation UNHCR bisher knapp mehr als achtundvierzigtausend Menschen über das Mittelmeer nach Italien gelangt.

00:59:02: Im gleichen Zeitraum sind jedoch auch mehr als tausend zweihundert Menschen auf ihrer Flucht gestorben.

00:59:07: Das Ertrinken ist aber nicht die einzige Gefahr, die Menschen auf dem Meer ausgesetzt sind.

00:59:12: Die Überfahrt über das Meer dauert oft tagelang.

00:59:14: Menschen sind damit Wind und Wetter ausgesetzt und leiden oft an Dehydrierung, wenn wir sie retten, oder auch an chemischen Verbrennungen.

00:59:22: Warum chemische Verbrennungen?

00:59:23: Weil sich in der Mitte der Fluchtbote oft ein Gemisch aus Salzwasser und Benzin sammelt, das die Haut stark verätzt und diese Verbrennungen müssen so schnell wie möglich ärztlich behandelt werden.

00:59:33: Aber auch Benzingase können auf der Flucht in einem Boot sehr gefährlich werden, und zwar wenn Menschen in doppelstückigen Booten fliehen und im unteren Deck des Fluchtboots ausharren müssen.

00:59:44: Das Einatmen der Benzingase kann dann auch zum Tod führen.

00:59:48: Ich habe Julia auch zur Rolle der EU und der europäischen Staaten gefragt und dazu sagt Julia das.

00:59:55: Eine der größten Gefahren auf dem Mittelmeer ist die Verweigerung von Rettung durch europäische Staaten.

01:00:01: Wir dokumentieren diese unterlassene Hilfeleistung vor allem mit unseren Menschenrechtsbeobachtungsflugzeugen.

01:00:07: Wir veröffentlichen sie, wir prangern sie an und gehen vor Gericht.

01:00:10: Erst letztes Jahr haben wir Klage gegen italienische Behörden eingereicht wegen fahrlässiger Tötung von einundzwanzig Menschen.

01:00:17: Die italienischen Behörden hatten in diesem Fall bereits zwei Tage Kenntnis über ein Boot in Seenund.

01:00:22: Es kennt hatte, einundzwanzig Menschen ertranken, bis die italienische Küstenwache eintraf.

01:00:27: Sie manchen überlebten und einige klagen nun gemeinsam mit uns vor Gericht.

01:00:31: Es gibt aber nicht nur Klagen wegen fahrlässiger Tötung vor italienischen Gerichten, sondern auch Fälle, in denen europäische Behörden ganz aktiv versuchen und versucht haben, fliehende wieder zurück nach Libyen zu zwingen.

01:00:43: Wie machen sie das?

01:00:44: Vor allem indem sie mit libyschen Milizen wie der sogenannten libyschen Küstenwache zusammenarbeiten.

01:00:49: Die sogenannte libysche Küstenwache fängt Menschen auf ihrer Flucht auf dem Meer ab und entführt sie gegen ihren Willen nach Libyen.

01:00:56: Und in Libyen wissen wir, werden Menschen in Lager gezwungen und Hausen unter den Unmöglichen.

01:01:02: Sie werden fast klafft, sie verschwinden, sie erfahren systematische sexualisierte Gewalt und Vergewaltigungen.

01:01:08: Die Zustände in Libyen für Menschen auf der Flucht sind so schlimm, dass die UN von Verbrechen gegen die Menschlichkeit spricht.

01:01:15: Und europäische Mitgliedstaaten und die Europäische Union sind dafür mitverantwortlich.

01:01:19: Denn man könnte jetzt meinen, dass sie alles daran setzen, um zu verhindern, dass Menschen in das Bürgerkriegsland entführt werden oder überhaupt erst über das Land flüchten müssen, um in Sicherheit zu gelangen.

01:01:30: Stattdessen aber teilt die europäische Grenzagentur Frontex die Koordinaten von Fluchtbooten mit libyschen Milizen.

01:01:36: Der italienische Staat schenkt der sogenannten libyschen Küstenwache Patrouillenboote und die EU leistet finanzielle als auch technische Unterstützung damit die sogenannte Lybische Küstenwache gut ausgestattet ist, um auf See systematisch Menschen nach Libyen entführen zu können.

01:01:51: Die Flucht über das Mittelmeer ist unglaublich gefährlich und fliende Menschen werden selbst, wenn sie es nach Italien schaffen, für ihre eigene Flucht kriminalisiert und landen im Gefängnis, wenn sie beispielsweise ihr eigenes Fluchtboot steuern mussten.

01:02:04: In Italien und Griechenland setzen tausende Personen teilweise für Jahrzehnte im Knast für nichts anderes, als sich in Sicherheit gebracht zu haben.

01:02:12: Zum Anschluss habe ich Julia Danoch gefragt, was fordert Sea-Watch von der Politik?

01:02:19: Wir brauchen einen Politikwechsel und zuallererst brauchen wir ein europäisches Seenotrettungsprogramm, weil zivile Rettungsorganisationen immer nur ein Pflaster auf der Wunde sein können.

01:02:28: Wir machen unsere Arbeit, weil europäische Staaten sie verweigern.

01:02:31: Wir wollen sie aber nicht machen müssen.

01:02:34: Denn ein europäisches Seenotrettungsprogramm ist unerlässlich.

01:02:37: Dafür haben wir der Europäischen Kommission und der Deutschen Bundesregierung auch ein Konzept geschickt.

01:02:42: Es fehlt also ein staatliches Rettungsprogramm, weil es an staatlichen, an politischen Willen.

01:03:12: Man muss hier auch noch mal sagen, was Sea-Watch für eine Arbeit leistet, ist so beeindruckend und so wichtig.

01:03:18: Und da bin ich ganz dankbar für.

01:03:20: Absolut.

01:03:21: Und wir verlinken euch auch nochmal hier Spendenmöglichkeiten in den Show Notes.

01:03:26: Und um dieses Full Picture nochmal mit weiteren Zahlen zu ergänzen, habe ich mir auch nochmal die Statistiken zur Flucht übers Mittelmeer angeschaut.

01:03:34: Und erst mal muss man dazu sagen, ist eine genaue Zahl hier sehr, sehr schwer zu nennen.

01:03:41: Von ganz vielen Todesopfern auf dem Mittelmeer wissen wir einfach gar nichts, weil das ja unter dem Radar alles passiert.

01:03:48: Aber es gibt die International Organization for Migration, kurz IOM, die im sogenannten Missing Migrants Project seit zwei Tausend vierzehn systematische Aufzeichnungen führt und dort versucht die Zahlen zu rekonstruieren.

01:04:04: Und deren Zahlen sprechen von mindestens achtundzwanzigtausend achthundert Menschen, die bereits schon im Mittelmeer gestorben sind oder vermisst wurden.

01:04:14: Und das nur im Zeitraum von zwei Tausendvierzehn bis zwei Tausendtreundzwanzig.

01:04:19: Allein letztes Jahr, zwei Tausendvierundzwanzig, sind nach Schätzungen der UN über zwei Tausendzweihundert Menschen auf der Flucht übers Mittelmeer ertrunken.

01:04:29: Und die Dunkelziffer ist wahrscheinlich noch viel höher.

01:04:32: Aber was denkst du?

01:04:34: was jetzt für den Diskussion zwischen Jusra und Sarah besteht.

01:04:37: Also Sie haben ja jetzt quasi zwei Möglichkeiten.

01:04:42: Ja, was Sie machen, also das ist ja die große Frage.

01:04:45: Nehmen Sie das Schlauchboot oder gehen Sie den etwas sichereren Weg?

01:04:50: Ich kann mir vorstellen, dass beide Schwestern wahrscheinlich eine unterschiedliche Meinung haben.

01:04:54: Nee, tatsächlich haben die die gleiche Meinung, weil Sie haben aber auch viel zu viele Horror-Stories von der Grenze in Bulgarien gehört und haben Angst, dass den da was passiert.

01:05:06: Und vor allem Sarah schlägt jetzt den Weg über das Wasser vor.

01:05:10: Und sagt dann, das meine ich ernst.

01:05:12: Wir sind Schwimmerin.

01:05:15: Und damit ist es beschlossen.

01:05:17: Sie werden den Weg per Schlauchboot wagen.

01:05:20: Das finde ich übrigens einfach so heftig, dass sie da jetzt auch so ... Also erst mal diese Wahl getroffen haben, übers Mittelmeer.

01:05:29: Das ist so ... Für mich kommt das erst mal vor wie so ein ... gefährliches Szenario, weil das Meer gerade in der Nacht, das einfach nur so eine schwarze Masse und du siehst halt auch das Festland irgendwann nicht mehr und irgendwie den Weg zu wählen.

01:05:43: Ich habe davor so krass einen Respekt und so eine krasse Angst irgendwie auch.

01:05:49: Ja, ich glaube, kein Weg ist hier der einfache Weg.

01:05:52: Und ich kann dann vielleicht doch mehr nachvollziehen, dass das Wasser hier eher was ist, was ihn Mut macht oder wo sie nicht ganz so viel Angst vielleicht vorhaben.

01:06:05: So ist es auch bei den beiden, aber es ist ja auch halt dunkel.

01:06:10: Und im Schwimmbad kannst du normalerweise deine Beine sehen, weil das Wasser ganz klar ist.

01:06:15: Aber beim Mittelmeer hätte ich auch Angst, was da so für Wesen durchschwimmen und was da alles so lauert.

01:06:21: Aber die beiden müssen

01:06:22: ... Als Mensch, der das Meer wirklich sehr liebt, muss ich sagen, ich glaube, die Wesen sind nicht das, wovor du im Meer Angst haben musst.

01:06:32: Also klar, es gibt Heier, aber es ist ja auch so ein kleiner Mythos, dass Heier immer Menschen angreifen.

01:06:38: Das stimmt ja gar nicht.

01:06:40: Aber ich glaube, die große Gefahr ist eher der Sturm, wenn man nicht ans Land kommt, wenn man kein Wasser kriegt und kein Essen.

01:06:49: Das ist halt die ganz große Gefahr.

01:06:51: Und die Menschen auf dem Meer.

01:06:53: Nämlich das sind eigentlich die größten Monster.

01:06:54: Ich weiß, ich weiß.

01:06:56: Es ist eher eine irrationale Angst, was ich so denken würde.

01:06:58: Ich weiß.

01:06:59: So diese riesige Weite und dieses tiefblaue Meer und was auch super beängstigend ist und das ist auch für die beiden ganz, ganz schwer.

01:07:09: Sie müssen auch Menschen vertrauen jetzt und sie kennen diese Menschen halt nicht.

01:07:12: Also sie wählen jetzt die Nummer eines Schleusers.

01:07:15: Diese Nummer haben sie von ihrem Kontakt bekommen und bei dem reservieren sie jetzt Plätze in einem Boot.

01:07:23: Zum Startpunkt an der Küste wird sie jetzt ein Bus bringen.

01:07:27: Jusra und Sarah erfahren, dass sie eigene Rettungswesten mitbringen sollen.

01:07:31: Sie kaufen sich jetzt die Westen in Istanbul und kaufen sich auch Wasserfestebeutel für ihre Pässe und Handys, die sie in ihren BHs verstauen.

01:07:41: Und dann geht es los.

01:07:46: Mit etwas zittringen Knien steigen Jusra und Sarah

01:07:48: in den Bus.

01:07:50: Die Fahrt dauert mehrere Stunden.

01:07:53: Saras Kopf ruht auf Jusras Schulter, als der Bus abrupt zum Stehen kommt.

01:07:59: Verschlafen öffnet Sarah die Augen.

01:08:02: Sie sind da.

01:08:04: Die Schlauchboote für die Überfahrt sind im Kofferraum verstaut.

01:08:08: Die Gruppe soll jetzt die Boote rausholen und die dann zur Küste runter tragen.

01:08:13: Dort stehen schon weitere Menschen, die sich ebenfalls auf den gefährlichen Weg nach Europa machen.

01:08:20: Hinter jedem dieser Menschen steckt ein Schicksal.

01:08:24: und Hoffnung auf ein besseres Leben.

01:08:27: Die beiden schauen sich jetzt die Gruppe an und lernen sie kennen.

01:08:31: Da ist zum Beispiel eine Mutter, die mit ihrer Tochter und ihrem kranken Sohn nach Deutschland will.

01:08:37: Sie hofft, dass er dort eine spezielle Behandlung bekommen kann, die es in Syrien nicht gibt.

01:08:41: Ihr Mann und ihr jüngster Sohn sind schon dort.

01:08:45: Dann sind da junge Eltern, die nur wenig Eltern aussehen als Justra selbst.

01:08:50: Ihr Baby liegt in einer improvisierten Babyschale aus einem aufblasbaren Gummiring.

01:08:55: Oh Gott.

01:08:56: Die Kleine ist erst vierenhalb Monate alt.

01:08:59: Ihr Name bedeutet übersetzt Mond.

01:09:03: Und an dem Hals hängt einer rotischen Uhr mit einem Plastiktaschen.

01:09:07: Darin

01:09:08: stehen alle wichtigen Informationen.

01:09:10: Ihr Name und ihre Kontaktdaten.

01:09:13: Falls was passiert, sagt ihr Vater.

01:09:16: Jus Ramos schlucken.

01:09:19: Die nächsten Tage verbringen sie unter freiem Himmel in einem Wald an der Küste und warten darauf, dass es endlich losgehen kann.

01:09:26: Das Meer muss nämlich ruhig sein für die Überfahrt.

01:09:29: Und

01:09:30: die türkische Küstenwache muss außer Sichtweite sein.

01:09:35: Sarah schaut in diesen Tagen Jusra ernst an und sagt, falls etwas passiert, wenn wir da draußen sind, dann weißt du, was du zu tun hast, nicht wahr?

01:09:46: Jusra ist irritiert.

01:09:47: Was meinst du?

01:09:50: Dann packt Sarah sie an den Schultern und schaut ihr tief in die Augen.

01:09:55: Wenn unser Boot dort draußen sinkt, dann schwimmst du.

01:09:59: Hast du mich verstanden?

01:10:01: Du vergisst alle anderen und schwimmst einfach.

01:10:04: Du und ich, wir werden schwimmen, ja?

01:10:06: Und wir werden es schaffen.

01:10:09: Jusra schaut ihrer Schwester in die Augen, versucht ihre Angst herunterzuschlucken.

01:10:15: Das kann man sich halt nicht vorstellen, also gerade bei so einem Baby oder so, dass man das einfach zurücklassen würde und dass man dann einfach so ist, ich muss mich selber retten.

01:10:30: Es ist alles andere, egal.

01:10:35: Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll, weil es ist für mich so unvorstellbar und so grauenhafte Entscheidung, die man treffen muss.

01:10:42: Komplett.

01:10:43: Also ich finde das auch alles einfach nur, also das alles ist traumatisierend.

01:10:48: Ich finde das so, so, so krass.

01:10:50: Und dann ... geht es irgendwann

01:10:52: los.

01:10:53: Nach zwei Tagen mit wenig Schlaf und kaum Nahrung geben die Schleuser das Signal, dass es jetzt wirklich losgeht.

01:11:00: Über einen steilen Trampelfahrt marschieren Jusra, Sarah und die weiteren Menschen in Richtung Wasser.

01:11:07: Dort schaukelt schon ein graues Schlauchboot, auch Dingi genannt, auf den Wellen.

01:11:13: Es gibt keine Sitzbänke im Schlauchboot, nur ein Außenmotor, der mit einem Seilzug angeworfen wird.

01:11:21: Jusra und Sarah steigen ein, als es eng zwischen all den Menschen.

01:11:25: Sie tragen alle ihre Rettungswesten, Mütter halten ihre Kinder auf dem Arm fest.

01:11:30: Dann geht es los, aber sie kommen nicht weit.

01:11:34: Schon wenige Minuten später taucht die Küstenwache auf und das Boot macht kehrt.

01:11:40: Sie müssen so schnell wie möglich zurück an Land, bevor sie aufgegriffen werden.

01:11:47: Kurz darauf wagen sie einen neuen Versuch.

01:11:51: Ein paar Menschen bleiben am Ufer zurück.

01:11:53: Sie haben mittlerweile zu viel Angst.

01:11:56: Aber Yusra und Sarah steigen erneut in das Schlauchboot.

01:12:01: Jetzt sind rund zwanzig Menschen im Boot.

01:12:03: Eigentlich ist das Boot für weitaus weniger Personen ausgelegt.

01:12:08: Die Schleuser streiten sich und schlagen dabei gegen den Motor.

01:12:14: Yusra und Sarah können aber nicht verstehen, warum.

01:12:17: Dann zieht einer am Seilzug.

01:12:20: Und mit einem Heulen springt der Motor an.

01:12:23: Es geht jetzt wirklich los.

01:12:25: Und jetzt sind Sarah und Jusra auf sich allein gestellt.

01:12:28: Die Schleuser bleiben an der Küste zurück.

01:12:31: Stück für Stück kämpft sich das voll beladene Boot durch die Wellen.

01:12:35: Oh

01:12:35: man, es ist natürlich auch viel gefährlicher, wenn es eigentlich zu viele Leute sind.

01:12:39: Aber jede Person, die die Schleuser an andere Ufer bringen oder zumindest auf das Boot setzen, bedeutet für die natürlich erstmal Geld.

01:12:47: Genau.

01:12:48: Und das sind ja auch gewohnt, dass diese Boote so überladen werden.

01:12:53: Es sind jetzt vielleicht fünfzehn Minuten vergangen, als das gleichmäßige Brum des Motors erstirbt und einer unheimlichen Stilleplatz macht.

01:13:04: Also, die musst du dir vorstellen, die sind auch gegenabendlos gefahren.

01:13:08: Und da jetzt ohne laufende Motor auf dem Meer zu sein, ist schon eine sehr beängstigende Situation.

01:13:16: Schlagartig wird das Boot langsamer.

01:13:18: und über dem Bug schwappt Wasser hinein.

01:13:21: Zu den Füßen bildet sich jetzt schnell eine Fütze.

01:13:25: Das ist nicht gut, denkt Sarah, gar nicht gut.

01:13:29: Das Boot wird von den Wellen hin und her geworfen und die Fütze fühlt sich immer weiter.

01:13:35: Und Sarah und Jusra merken jetzt, lange

01:13:39: wird

01:13:39: das nicht gut gehen.

01:13:40: Das Boot ist einfach zu überladen an Menschen und zu schwer.

01:13:44: Und desto mehr Wasser da reinläuft, desto schwerer wird es natürlich auch.

01:13:48: Ja, also im Endeffekt sinken sie jetzt, wenn der Motor nicht mehr weiterläuft.

01:13:54: Und sie realisieren die einzige Chance, um das Boot irgendwie über Wasser zu halten, ist, wenn sie das Gewicht im Boot verringern.

01:14:05: Aber sie sind mitten auf dem Meer, sie sind Jetzt auf dem Mittelmeer.

01:14:10: Wie sollen sie das tun?

01:14:12: Ein Mann hat eine Idee.

01:14:14: Er hält sich an dem Seil fest, dass das Schlauchboot umgibt und lässt sich ins Wasser gleiten.

01:14:20: Sofort wird das Boot leichter und bekommt auch mehr Auftrieb.

01:14:24: Und dann springt auch Sarah aus dem Boot.

01:14:26: Das Dingi wird leichter, aber es reicht immer noch nicht.

01:14:30: Doch immer fließt Wasser hinein.

01:14:33: Jusra's Herz rast.

01:14:35: Sie ist hin und her gerissen.

01:14:38: Unter ihr liegt die Raue See, die auch so anders ist als das Schwimmbecken, das sie kennt.

01:14:44: Hier kann sie den Boden nicht sehen und hier gibt es auch kein Beckenrand.

01:14:49: Und sie weiß nur zu gut, dass schon sehr viele Menschen zuvor auf genau einer solchen Überfahrt mit ihrem Leben bezahlt haben.

01:14:59: Unter ihr liegt ein Friedhof.

01:15:02: Aber Jusra hat keine Wahl.

01:15:04: Wenn sie leben will, muss sie jetzt schwimmen.

01:15:08: Und so legt Jusra jetzt ihre Hände auf den Rand des Schlauchboots, während ihr Herz wie wild zu Rasen beginnt.

01:15:16: Sie holt tief Luft und dann stößt sie sich ab und springt in das dunkle Wasser.

01:15:23: Das Rauschen des Meeres dringt in ihre Ohren.

01:15:27: Als sie ihren Kopf wieder aus dem Wasser hebt, hört sie Sarahs Stimme.

01:15:30: Jusra, was zum Teufel tust du da?

01:15:33: schreit sie.

01:15:34: Sarah klammern sich auf der anderen Seite des Dingies in der Seil, nachdem jetzt auch Jusra ihre Hand streckt.

01:15:41: Das Meer zährt schwer an ihren Kleidern.

01:15:44: Jusra geht zurück ins

01:15:46: Boot,

01:15:47: schreit Sarah.

01:15:48: Nein, schreit Jusra zurück.

01:15:51: Sie ist wild entschlossen.

01:15:53: Sarah und sie haben diesen Weg gewählt.

01:15:55: Und sie müssen jetzt alles dafür tun, um zu überleben.

01:15:59: Jusra richtet ihren Blick auf den Horizont, an dem Blutrot die Sonne untergeht.

01:16:05: Da hinten kann sie es sehen, die Küste von Lesbos.

01:16:10: Die griechische Insel scheint so nah und doch so fern.

01:16:15: Jusra richtet den Blick jetzt wieder auf Sarah.

01:16:18: ihrer Schwester klebt das dunkelbraune Haarnass am Kopf.

01:16:21: Ihr Blick ist entschlossen.

01:16:24: Und in diesem Moment weiß Jusra, sie können es schaffen.

01:16:28: Sie müssen es einfach schaffen.

01:16:30: Schließlich sind sie Schwimmerin.

01:16:38: Ah, okay, dann waren die Erinnerungen, die du mir am Anfang erzählt hast, wahrscheinlich die von Jusra, oder?

01:16:44: Genau.

01:16:45: Also, das war Jusra's Flashback an dieser Szene im Meer.

01:16:50: Und sie hat sich beim Schwimmer im Schwimmbad daran erinnert, dass sie einmal auf dem Meer war und um ihr Leben gekämpft hat.

01:16:56: Und das genau ist jetzt der Moment.

01:16:58: Das ist der Moment, in dem sie beschlossen hat, ins Meer zu springen, damit das Boot leichter wird und sie alle die Insel Lesbos am Horizont erreichen können.

01:17:08: Ich finde das so schlimm.

01:17:09: Ich habe es ja eben schon gesagt, es ist ja ein Geschäft, mit dem Menschen leben, dass diese Schleuser da eingehen und allein schon, dass das Boot nach fünfzehn Minuten den Geist aufgibt, zeigt ja, wie sehr die damit kalkulieren, dass das halt auch nicht aufgeht, also dass die Menschen nicht überleben.

01:17:26: Und das finde ich so so schlimm, dass die jetzt ins Wasser springen müssen, um ihr eigenes Leben zu retten.

01:17:31: Also es gab ja auch den Moment, anscheinend wusste ja jemand auch aus der Gruppe der Schleuser, dass irgendwas nicht stimmt mit dem Motor, weil die haben ja auch noch so wild rumdiskutiert und auf dem Motor gehauen.

01:17:41: Man kann also schon davon ausgehen, dass da irgendwelche Unstimmigkeiten waren und dann ist es ganz schön krass, zwanzig Menschen aufs offene Meer fahren zu lassen, wenn es vielleicht Zweifel gibt, ob dieses Boot das richtige Fortbewegungsmittel ist.

01:17:55: Ja,

01:17:55: also das passiert ja immer wieder.

01:17:57: Also die meisten Boote sind ja tatsächlich überladen.

01:18:00: Das ist ja das Schlimme und deswegen sterben ja auch immer wieder so viele Menschen auf diesen Reisen, weil es einfach leider ein Geschäft für einige Menschen ist.

01:18:09: Ja und das könnte jetzt auch in diesem Fall passieren.

01:18:12: Also wenn Jusra, Sarah und der Mann nicht eh schon ins Wasser gesprungen wären, dann würde das Boot weiter voll laufen.

01:18:19: Jetzt ist es aber so, der Mann, der mit ihnen ins Wasser gesprungen ist, muss kurz darauf wieder ins Boot geholt werden.

01:18:26: Er kann gar nicht richtig schwimmen, er hält sich am Seil fest und das ist einfach viel zu anstrengend.

01:18:31: Jusra und Sarah bleiben im Wasser.

01:18:35: Das Seil schneidet brennend in ihre Hände.

01:18:38: Die Wellen schlagen ihnen ins Gesicht.

01:18:40: Aber sie bleiben weiter im Wasser.

01:18:42: Denn sie wissen, das hier ist ihre einzige Chance und auch die einzige Chance, die verzweifelten Menschen im Boot zu retten.

01:18:51: Denn mittlerweile ist allen klar, Der Motor des Bootes ist kaputt.

01:18:57: Egal, wie oft die Menschen im Boot am Seilzug noch ziehen, er springt einfach nicht mehr an.

01:19:03: Und ohne den Motor bewegt sich das Schlauchboot auch nicht mehr voran.

01:19:08: Jetzt könnte man ja sich fragen, ob Jusra und Sarah irgendwie mit dem Seil des Schlauchboots schwimmen, zur Küste ziehen können.

01:19:16: Das ist ausgeschlossen, das habe ich mich kurz gefragt, aber es ist viel zu schwer und auch eine viel zu... enorme Kraft wieder benötigt wird.

01:19:25: Außerdem haben die auch noch ihre Klamotten an.

01:19:27: Es ist total kalt.

01:19:29: Das einzige, was die Schwestern machen können, ist, zu versuchen, das Boot zu stabilisieren und in den Wellen zu halten.

01:19:38: Das Wasser peitscht ihnen ins Gesicht.

01:19:41: Sie tauchen immer wieder unter Wasser.

01:19:43: Aber sie halten das Boot fest.

01:19:45: Sie lassen nicht los.

01:19:47: Jusra und Sarah schauen sich an.

01:19:50: Sie wissen, sie können das schaffen.

01:19:52: Sie müssen das schaffen.

01:19:54: Sie sind Schwimmerin.

01:19:56: Die anderen Menschen im Boot klammern sich verzweifelt an den Seitenfest und damit an ihrem letzten Funken Hoffnung.

01:20:04: Abwechselnd gleiten die Insassen jetzt ins Wasser, um das Boot irgendwie leichter zu machen.

01:20:10: Aber sie halten es immer nur kurz im kalten, unruhigen Wasser aus.

01:20:15: Nur Jusra und Sarah bleiben die ganze Zeit im Wasser.

01:20:19: Die nasse Kleidung klebt schwer an ihren Körpern.

01:20:22: Die Kälte hat längst ihre Muskeln erreicht und ihre Zähne schlagen bibernd aufeinander.

01:20:28: Mittlerweile ist es dunkel.

01:20:31: Weder Jusra noch Sarah haben hier draußen ein Zeitgefühl.

01:20:34: Vermutlich sind sie ungefähr schon drei Stunden im Wasser.

01:20:39: Die Erschöpfung ist mittlerweile so groß, dass sie auch zwischenzeitlich zurück ins Boot müssen.

01:20:47: Und jetzt versucht ein Mann verzweifelt, ein letztes Mal am Seilzug den Motor anzukriegen.

01:20:54: Wieder und wieder versucht er es.

01:20:57: Bis plötzlich ein Geräusch, das Beten der Menschen durchbricht.

01:21:01: Der Motor heult auf und gibt dann das gluckere Geräusch von sich, auf das sie so lange gewartet haben.

01:21:09: Hoffnung, die stremt die Menschen am Board.

01:21:13: Wenn der Motor funktioniert, können sie es ans Ufer schaffen.

01:21:17: Aber das wiederum würde auch schneller gehen, wenn das Boot leichter wäre.

01:21:22: Und wer weiß, wie lange der Motor dieses Mal jetzt durchhält?

01:21:26: Hoffnungsvolle Blicke wenden sich wieder Sarah und Jusra zu, die mittlerweile schweratmend und bibbernd auf dem Boden des Schlauchboots sitzen.

01:21:35: Kurz zieht Jusra Verzweiflung in den Augen ihrer Schwester.

01:21:40: Aber dann greift Sarah das Seil und lässt sich zurück ins kalte Wasser gleiten.

01:21:46: Jusra selbst bleibt im Boot, sie ist zu erschöpft.

01:21:50: Und sie haben Glück.

01:21:52: Der Motor hält durch.

01:21:55: Die Gruppe steuert geradewegs auf die Insel zu.

01:21:58: Die Umrisse werden immer größer.

01:22:01: Die Küste rückt jetzt näher und näher.

01:22:04: Und dann erreichen sie erste Felsen.

01:22:08: Kurz vor dem Strand zieht Sarah das Boot am Seil an Land.

01:22:12: Sie haben es geschafft, sie haben überlebt.

01:22:15: Erleichterung durchflutet die erschöpften Menschen, die jetzt zum ersten mal griechischen Boden betreten.

01:22:31: Eine Frau drückt Jusra und Sarah an sich und flüstert ihnen ins Ohr.

01:22:36: Du bist meine Heldin.

01:22:38: Die beiden lächeln.

01:22:40: Aber wie Heldinnen fühlen sie sich nicht.

01:22:44: Also Lin, etwas so Unwahrscheinliches ist dann doch passiert.

01:22:50: Die waren einfach kurz vom Sinken im Mittelmeer, aber dadurch, dass sie halt immer wieder reingesprungen sind und das Gewicht verringert haben und dass der Mann nicht aufgegeben hat und nochmal den Motor ans Laufen gebracht hat.

01:23:02: haben diese Menschen, diese Familien, die da drauf sind, dann doch überlebt.

01:23:06: Es ist eigentlich ein Wunder.

01:23:08: Ja, unglaublich.

01:23:09: Also so krass, dass die da sich so durchgekämpft haben.

01:23:14: Ich bin jetzt leider aber noch nicht richtig erleichtert, weil man ja weiß, dass ganz lange Flüchtlinge danach auch noch in Kämpf sind.

01:23:24: Und dass jetzt ein schönes Leben nicht gerade auf die Schwester wartet, sondern noch ganz viele Schwierigkeiten auf sie lauern.

01:23:30: Ja, genau.

01:23:31: Sie haben noch mehrere Etappen bis zu ihrem Endziel Deutschland vor sich.

01:23:35: Und die sind auch alles andere als irgendwie gut durchgeplant oder sicher.

01:23:41: Aber man muss auf jeden Fall sagen, die schwierigste Etappe haben sie hinter sich.

01:23:46: Also diese Überfahrt war auf jeden Fall das gefährlichste bisher.

01:23:50: Und das haben sie überstanden.

01:23:52: Und sie wissen jetzt auch konkreter, was sie tun müssen.

01:23:55: Sie laufen jetzt über den Strand gemeinsam mit den anderen Menschen zu einer Straße.

01:24:00: Im nächsten Ziel ist jetzt ein Bus, der sie in die Hafenstadt Metellini bringt.

01:24:06: In Metellini müssen sie sich jetzt sowie alle anderen ankommenden Geflüchteten bei der Behörde registrieren.

01:24:13: Dort werden Jusra und Sarah jetzt gefragt, wo sie hin wollen.

01:24:16: Deutschland, antworten sie.

01:24:19: Die Mitarbeiter dort erklären ihnen, dass sie jetzt erstmal aber eine befristete Aufenthaltsgenehmigung für Griechenland brauchen.

01:24:26: Das ist nämlich laut der Dublin-III-Verordnung das zuständige Land für Jusra und Sarah, weil es das erste EU-Land ist, wo sie angekommen sind.

01:24:36: Das Problem ist aber, da ja super viele Menschen in dieser Zeit genau über diese Mittelmeer-Route flüchten, muss Griechenland eben da auch sehr viel Arbeit leisten und sehr viele Menschen Dokumente ausstellen.

01:24:49: und diese Dokumente zu bekommen kann dauern.

01:24:54: Und was ja auch noch in Zukunft.

01:24:56: Wir alle kennen ja auch Berichte über die Finanzkrise aus Griechenland.

01:25:01: Und auch im Jahr twenty-fünfzehn, als jetzt gerade Jusra und Sarah sind, ist die wirtschaftliche Situation sehr angespannt im Land noch.

01:25:08: Das heißt, die griechischen Behörden haben da einfach einen enormen Kraftakt irgendwie auch alleine zu meistern.

01:25:14: Und darunter leiden dann im Umkehrschluss natürlich alle ankommenden Geflüchteten, weil sie unfassbar lange sehr erschöpft warten müssen.

01:25:22: So geht das jetzt auch Jusra und Sarah.

01:25:25: Die haben seit einer gefühlten Ewigkeit nicht mehr normal geschlafen und die Erlebnisse der letzten Tage wiegen auch noch sehr schwer auf ihnen.

01:25:35: Mit letzten Kräften laufen sie durch Metilini, vorbei an den bunten Häuserfassaden, über denen die weiße Kuppel der Kirche von Agios Therapon thront.

01:25:47: Sie sind auf der Suche nach einem Dach über dem Kopf für die Nacht, denn die Auffanglager dort sind restlos überfüllt.

01:25:56: Bei jedem Hotel, an dem sie vorbeilaufen, fragen sie andere Rezeption nach einem freien Zimmer.

01:26:02: Aber jedes Mal werden sie mit einem Kopfschütteln abgewiesen.

01:26:06: Und so schlafen die beiden mit all den anderen in Lesbos ankommenden Menschen in Schlafsecken unter freiem Himmel.

01:26:15: Als die beiden Schwestern endlich die befristete Aufenthaltsgenehmigung bekommen, nehmen sie die Fähre nach Athen.

01:26:23: Elf Stunden lang sitzen sie jetzt auf dem schaukelnden Boot.

01:26:27: Danach fahren Schleuser sie mit dem Bus zur Mazedonischen Grenze.

01:26:32: Hier geht es jetzt erst nur zu Fuß und dann mit einem Bus weiter nach Serbien.

01:26:37: Nur mal ganz kurz nochmal für mich zum Verständnis.

01:26:39: Die Leute, die sie da jetzt aber weiter transportieren, die haben jetzt nichts mehr zu tun mit den Schleusern, die sie damals ins Boot gesetzt haben, oder?

01:26:47: Also ist das so eine... Du hast gesagt, durchgeplante Reise, wo man von Anfang an weiß, in Griechenland wendet ihr euch dann an die und die Leute und die transportieren euch weiter.

01:26:58: Oder müssen die jetzt ab Griechenland einfach ein bisschen neu gucken, wo sie hingehen und wie sie weiterkommen?

01:27:06: Also auf jeden Fall Zweiteres.

01:27:07: Also die Etappen sind so unterschiedlich organisiert, da wo sie jetzt wirklich für Schleuser gezahlt haben, war übers Mittelmeer.

01:27:15: Und ab jetzt sind sie, musst du dir vorstellen, wirklich in so Strömen an Menschen mit dabei.

01:27:22: Das sind teilweise über zehntausend Menschen, die da unterwegs sind.

01:27:26: Und sie sind wirklich auch in so richtigen Wandergruppen, kann man fast schon sagen.

01:27:32: Also da bewegen sich wirklich Gruppen an Menschen voran.

01:27:35: Und sie folgen natürlich vielen, die sie kennenlernen unterwegs, die sie treffen, die vielleicht auch irgendwie Kontakte haben, die was wissen.

01:27:44: Und dann müssen sie aber auch öfter mal spontan entscheiden, weil teilweise verändert sich die Situation täglich auf der Reise und Strecken, die vorher bekannt waren, als einfache Strecken durch irgendwelche Erzählungen wurden plötzlich gesperrt.

01:27:58: Und da geht es dann doch nicht her.

01:27:59: Das wirst du jetzt sehen.

01:28:00: Also, wir begleiten die beiden jetzt, wie sie wirklich Tag für Tag da eigene Entscheidungen treffen müssen und sich bis nach Deutschland vorkämpfen.

01:28:10: Ah, okay.

01:28:11: Ja, spannend.

01:28:12: Man kann sich das ja immer so schlecht vorstellen, wie das genau abläuft.

01:28:16: Und es muss einfach auch total verwirrend sein, weil oft sprechen die Menschen dort ja auch noch nicht mal die eigene Sprache.

01:28:23: Und

01:28:24: man muss wirklich gucken, wie kommt man da jetzt weiter.

01:28:27: Sie chuckern da jetzt mit dem Bus bis nach Belgrad und nach vielen Stunden erreichen sie denn die Stadt.

01:28:33: Von hier aus wollen die Schwestern über die ungarische Grenze laufen.

01:28:37: Zu Fuß.

01:28:38: Und auch hier sind sie wieder nicht alleine unterwegs, sondern mit sehr, sehr vielen anderen Menschen.

01:28:44: Und mittlerweile sind da auch viele Reporterinnen und Reporter, die über diesen Flüchtlingsstrom berichten.

01:28:50: Sarah wird jetzt von einem Kamerateam angesprochen und erzählt auch über den Weg, der schon hinter ihr und Jusra liegt.

01:28:57: Und Lin, dieses Video habe ich dir mal mitgebracht.

01:28:59: Vielleicht kannst du dir mal beschreiben, was du da gesehen hast.

01:29:02: Ja, Sarah steht hier mit einer jungen Gruppe an Männern, also es sind noch vier weitere Männer.

01:29:08: Die sehen alle, es ist so erschreckend, weil es ist einfach eine junge Gruppe an Menschen, wo man sich vorstellen könnte, mit denen sitzt man auch irgendwie abends beim Essen zusammen und lernt die irgendwie als Freunde kennen.

01:29:24: und die mussten halt alles zurücklassen, also ihr ganzes Zuhause zurücklassen und haben jetzt diesen ersten Kampf gemacht.

01:29:32: und im Hintergrund sieht man, ganz viele Geflüchtete, die dort ihr Lager aufgeschlagen haben.

01:29:39: Sarah hat sehr viel Energie, finde ich.

01:29:42: Sie wirkt noch sehr hoffnungsvoll.

01:29:45: Sie erzählt, dass sie einfach keine Zukunft, keine Perspektive in ihrem Land hatte, dass sie eigentlich Schwimmerin ist und eine Karriere machen will und dass das einfach nicht möglich ist und dass sie einfach nur frieden möchte.

01:29:58: Und sie erzählt, dass sie am nächsten Morgen um sechs Uhr aufbrechen.

01:30:01: Ich glaube, die gehen alle zusammen wahrscheinlich weiter, diese Gruppe, um dann weiter zu flüchten.

01:30:08: Das eine ist übrigens auch der Cousin des Vaters.

01:30:11: Also die reisen ja auch noch mit dem zusammen.

01:30:14: Ja, und wie du dir vorstellen, Kanzlerin, ist das Kamerateam total fasziniert von Sarahs Erzählungen und von den beiden Schwestern.

01:30:24: Genauso übrigens auch wie ganz viele Menschen, die diesen Beitrag sehen.

01:30:28: Sarah und Jusra können zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht ahnen, dass dieser Beitrag über ihre wirklich ergreifende Geschichte sie später noch berühmt machen wird.

01:30:39: Nach dem Interview reisen die Schwestern jetzt weiter in Richtung der ungarischen Grenze.

01:30:49: Um nicht von der Grenzpolizei entdeckt zu werden, kriechen sie durch Maisfelder.

01:30:54: Meter für Meter schieben sie sich voran.

01:30:57: Immer wachsam, ob sie schreie hören.

01:31:00: Aber sie dürfen einfach nicht daran denken, was sie über die Unbarmherzigkeit der ungarischen Grenzpolizei gehört haben.

01:31:10: Meter und Meter mit rasendem Herzen, bis sie es irgendwann geschafft haben.

01:31:20: Endlich können sie aufatmen, aber sie dürfen nicht lange Rast machen.

01:31:25: Ihr Ziel ist jetzt erstmal die Hauptstadt Budapest.

01:31:29: Von hier wollen sie mit einem Zug nach Österreich fahren.

01:31:34: Der Asphalt der Stadt glüht von der Sommerhitze und schon von weitem sehen die Schwestern jetzt die Menschenmasse, die sich vor dem Bahnhof versammelt hat.

01:31:43: Dort stehen Touristinnen und Touristen, Einheimische und Menschen auf der Flucht.

01:31:49: Sie alle warten auf dem steinenden Vorplatz.

01:31:53: Jusra und Sarah schieben sich jetzt durch das Gedränger.

01:31:57: Und dann erkennen sie die Absperrungen und die Polizisten.

01:32:01: Der Bahnhof ist abgeriegelt.

01:32:04: Um sie herum stehen nicht nur tausende Menschen, sondern

01:32:08: auch

01:32:09: Zelte und Isomatten.

01:32:11: Auf dem Vorplatz in den Unterführungen und auf den Treppen kampieren tausende ankommende Menschen, die genauso wie die Schwestern in Europa Schutz suchen.

01:32:23: Tage lang warten sie hier schon auf die Weiterreise.

01:32:26: Aber die ungarische Regierung lässt sie nicht ausreisen.

01:32:29: Die Grenzen sind geschlossen.

01:32:31: Und dagegen protestieren hier Menschen schon seit Tagen.

01:32:36: Um Jusra und Sarah herum werden Sprech-Köre skandiert.

01:32:39: Germany, Germany, Germany.

01:32:42: Angela, Angela, Angela.

01:32:44: Rufen einige Menschen verzweifelt.

01:32:47: Sie recken ihre erhobene Faust in die Luft, wedeln mit ihrem Pass und halten selbstgeschriebene Banner in die Luft.

01:32:54: Und Lin, du wirst dich bestimmt auch noch daran erinnern können, warum die ganzen Menschen Angela rufen.

01:33:00: Denn ... Kurz vorher, am einundbreißigsten August, hat Angela Merkel eine Rede gehalten auf der Bundespressekonferenz und was sie hier sagte, geht in die Geschichte ein.

01:33:13: Ich sage ganz einfach, Deutschland ist ein starkes Land und das Motiv, in dem wir an diese Dinge herangehen, muss sein.

01:33:22: Wir haben so vieles geschafft, wir schaffen das.

01:33:24: Wir schaffen das und wo uns etwas im Wege steht, muss es überwunden werden, muss daran gearbeitet werden und der Bund wird alles in seiner Macht stehende zu, zusammen mit den Ländern, zusammen mit den Kommunen, genau das durchzusetzen.

01:33:38: Ja, diesen Satz, wir schaffen das, der war ja ein Riesenmoment in Deutschland.

01:33:42: Also der hat auch ganz viel bewegt, der hat auch dazu geführt, dass hoffentlich viele Deutschen mit einer anderen Mentalität daran gegangen sind.

01:33:50: Und es war von ihr, finde ich ein ganz, ganz großer und bedeutender Schritt.

01:33:55: Ja, und genau dieser Satz ist jetzt zehn Jahre her.

01:33:59: Sarah und Justra hoffen, dass sie trotzdem irgendwie aus Ungarn herauskommen werden.

01:34:04: Und ihr bleibt auch jetzt nichts anderes übrig.

01:34:06: Sie kaufen sich jetzt einfach doch Tickets, obwohl es eigentlich heißt, dass für Geflüchtete die Grenze geschlossen ist.

01:34:13: Und sie beschließen, sie müssen es mit diesen regulären Tickets einfach mal probieren.

01:34:17: Noch am gleichen Abend steigen sie in den Zug.

01:34:20: Als sich der Zug langsam in Bewegung setzt, atmen die Schwestern auf.

01:34:24: Immer schneller und schneller rollen sie.

01:34:27: Aber kurz vor Österreich kommt der Zug zum Halten.

01:34:31: Die Türen gehen auf.

01:34:33: Polizisten und Polizisten im Ström herein und fragen nach ihnen ausweisen.

01:34:38: Jusra und Sarah blicken sich verzweifelt an.

01:34:41: Ihnen ist jetzt klar, mit ihren syrischen Pessen kommen sie hier nicht weiter.

01:34:47: Die Polizei weist sie jetzt an, dass sie aussteigen müssen.

01:34:50: Mit einem anderen Zug müssen sie zurück nach Budapest.

01:34:55: Als sie zurück in den überfüllten Bahnhof einfahren, wiegt die Trauer schwer auf ihn.

01:35:01: Wie sollen sie es bloß weiter schaffen?

01:35:05: Wie auch schon auf Lesbos sind die Unterkünfte immer wieder komplett überfüllt.

01:35:10: Jusra und Sarah schlafen jetzt inmitten des Chaos am Bahnhof.

01:35:14: Aber kommen sie von da jetzt irgendwie weiter?

01:35:17: Ja, sie müssen sich jetzt wieder umhören und ... Um irgendwie ja die Infos zu kriegen, wie sie vorankommen können, müssen sie jetzt einfach erst mal Budapest bleiben, sind da halt am Bahnhof gefangen.

01:35:32: und dann ein paar Tage später erfährt Sarah von einem Ausweg.

01:35:36: Eine Busverbindung für Flüchtlinge nach Österreich.

01:35:40: Und tatsächlich ergattern die Schwestern Plätze und schaffen es tatsächlich nach Österreich.

01:35:46: Sobald die Grenze hinter ihnen liegt, laufen den beiden Tränen der Erleichterung über das Gesicht.

01:35:52: Und ab hier wird jetzt auch endlich alles anders.

01:35:56: Österreicherinnen und Österreicher empfangen sie am Wiener Hauptbahnhof klatschend und jubelnd.

01:36:02: Sie recken Banner mit der Aufschrift Refugees Welcome in die Luft.

01:36:07: Sarah und Jusra werden Getränke und Sandwiches in die Hand gedrückt.

01:36:11: Nach Wochen der Gefahr der Unsicherheit und der Erschöpfung fühlen sich die beiden jetzt endlich ein bisschen geborgen.

01:36:18: Und sie lächeln sich an.

01:36:20: Bald haben sie es geschafft.

01:36:22: Bald werden sie in Deutschland sein und damit in Sicherheit.

01:36:26: Gleich am nächsten Morgen nehmen sie den Zug nach München.

01:36:29: Da steigen sie in den letzten Bus, der sie endlich an ihr Ziel bringt, Berlin.

01:36:36: Am siebten September um drei Uhr morgens kommen sie dann in Berlin an.

01:36:41: Als sie den Bus verlassen, werden sie von Menschen empfangen, die Schilder in arabischer Schrift hochhalten.

01:36:47: Darauf heißt es, willkommen in Berlin Spandau.

01:36:51: Obwohl es eigentlich mitten in der Nacht ist, haben diese Menschen auf sie gewartet, um sie zu empfangen.

01:36:58: Ein warmes Gefühl breitet sich in Justras Brust aus.

01:37:01: Die haben es also wirklich geschafft.

01:37:21: So schön, das gab es ja damals auch in Bayern, ganz groß, glaube ich, am Münchner Hauptbahnhof, dass ganz viele Menschen in Empfang genommen wurden, dass man Kuscheltiere für die hatte, dass man Klamotten schon mitgebracht hatte.

01:37:35: Ich habe ein bisschen das Gefühl, Diese Stimmung ist wieder verflogen in den letzten Jahren, aber das war so eine Form der Menschlichkeit, die dort gezeigt wurde.

01:37:45: Und ich kann mir nur vorstellen, wie schön das für Leute wie Sarah und Jusra ist, so willkommen geheißen zu werden.

01:37:52: Ich glaube auch, dass diese Geste ganz viel gemacht hat, weil das ja auch die Dinge sind, die sie jetzt wochenlang nicht hatten.

01:37:59: Also einfach Geborgenheit und irgendwie auch was Nettes zu essen und ... Einfach dieses Gefühl willkommen zu sein in diesem Moment.

01:38:09: Übrigens, die Reise der beiden hat wirklich extrem lang gedauert.

01:38:13: Also drei Monate, circa, waren sie unterwegs, bis sie jetzt endlich in Berlin angekommen sind.

01:38:19: Und in diesen drei Monaten hatten sie wirklich jede Art von Station hinter sich.

01:38:25: Also ellenlange Fahrten, Nächte am Bahnhof, in Flüchtlingslagern oder halt das Schlauchboot.

01:38:33: Wir haben es einfach eine sehr, sehr lange und anstrengende Reise gewesen.

01:38:39: Und jetzt werden sie wieder einem Flüchtlingsheim zugewiesen.

01:38:43: Die Nacht verbringen sie hier in einem weißen Zelt mit drei Stockbetten, das ihnen dort gegeben wird.

01:38:50: Am nächsten Morgen schickt Jusra ihren Eltern ein Foto vom Zelt, um ihnen zu sagen, dass sie in Berlin angekommen sind.

01:38:56: Alle zu Hause sind so erleichtert.

01:38:58: Nach so vielen Nächten unter freiem Himmel freuen sich die Schwestern jetzt endlich in einem Zelt zu liegen.

01:39:05: Eine Campinglampe hängt von der Decke und es gibt auch eine Elektroheizung und Waschräume mit gespendeten Seifen, Shampoos und Handtüchern.

01:39:14: In der Kantine werden Brötchen mit Käse verteilt.

01:39:18: Am Nachmittag kommen weitere Busse mit Geflüchteten an.

01:39:21: Sarah und Jusra erkennen hier zum Beispiel auch die jungen Eltern mit dem kleinen Baby in der Gruppe.

01:39:27: Auch sie haben es geschafft.

01:39:29: Auch sie sind in Deutschland.

01:39:32: Jusra und Sarah fallen den jungen Eltern in die Arme.

01:39:35: Sie grenzen über das ganze Gesicht und küssen sich auf die Wangen.

01:39:39: Jetzt fühlen sich die Schwestern weniger allein.

01:39:43: Der wichtigste Schritt ist jetzt aber, sich Asyl suchen zu melden.

01:39:47: Von den anderen jungen Menschen in der Unterkunft erfahren sie, dass Berlin ein guter Ort ist, um zu studieren.

01:39:53: Und wie sieht es mit Schwimmvereinen aus, will Jusra wissen, die anderen necken.

01:39:58: Die Schwestern organisieren sich jetzt ein Probetraining bei den Wasserfreunden Spandau.

01:40:04: Der Verein legt direkt in Berlins Olympia Park.

01:40:07: Es fühlt sich für die beiden total surreal an, wieder in einer Schwimmhalle zu stehen.

01:40:13: Und vereimt auch so eine andere Schwimmhalle.

01:40:15: Also die Schwimmhalle von innen sieht wahrscheinlich nicht so anders aus.

01:40:19: Aber hier müssen sie keine Angst haben, wenn sie unter das Wasser tauchen, dass eine Bombe einschlägt.

01:40:25: Absolut.

01:40:26: Und ... Sobald Jusra auch hier ins Wasser eintaucht, fühlt sich das zugleich auch wieder so vertraut an.

01:40:33: Während sie hier entlang krault, spürt sie, dass sie ist genau das Richtige.

01:40:39: Endlich ist sie wieder dort, wo sie hingehört.

01:40:43: Und es passiert jetzt auch etwas Besonderes.

01:40:46: Es sieht sie nämlich ein Schwimmtrainer.

01:40:48: Am Rand steht ein blonder Mann.

01:40:51: Er heißt Sven Spannekrebs.

01:40:54: Und er arbeitet dort als Schwimmtrainer.

01:40:57: Als die Schwestern jetzt aus dem Becken steigen, sagt ihr zu ihnen, das war ganz schön gut.

01:41:02: Wir haben viele Leute, die behaupten, dass sie schwimmen können und dann gehen sie unter, wenn sie ins Wasser springen.

01:41:08: Seine Frau Renate steht neben ihm und lächelt die Schwestern an.

01:41:12: Ich glaube, wir finden einen Platz hier bei den Wasserfreunden für euch, sagt sie.

01:41:18: Und von diesem Tag an, das ist so schön, werden Renate und Sven für Jusra und Sarah so etwas wie eine neue Familie in Deutschland.

01:41:28: Denn Sven ist besonders engagiert, wenn es darum geht, dass die beiden jetzt im Schwimmverein angenommen werden.

01:41:35: Und er kümmert sich jetzt um alles Mögliche.

01:41:39: Er besorgt für die beiden Trainingsausrüstung.

01:41:41: Er sorgt dafür, dass sie im Clubhaus ein Zimmer zum Übernachten bekommen, damit sie nicht weiter in der Flüchtlingsunterkunft schlafen müssen.

01:41:50: Und er zeigt ihn auch Berlin.

01:41:52: Sie laufen jetzt durch das Brandenburger Tor und machen einen Ausflug zum Bundestag.

01:41:57: Sie fahren U-Bahn zusammen und Sven zeigt ihnen die schönsten Ecken in Spannbaum.

01:42:02: Das macht es für die natürlich viel einfacher anzukommen, dass sie da direkt Menschen haben, die vertraute werden.

01:42:08: Ja, also ich finde es so ein Akt der Nächstenliebe, dass die aufnehmen, als wenn das einfach Verwandte sind oder Teil ihrer Familie, weil ... Ich glaube, es ist so krass überfordern, in der Stadt zu sein, ohne irgendwie ihn zu kennen.

01:42:21: Und jetzt haben sie einfach hier das Ehepaar, dass sich so um sie kümmert und ihn alles zeigt und ihn das Zimmer gibt und so.

01:42:28: Ich finde das einfach so rührend.

01:42:30: Und der Schwimmtrainer Sven wird auch noch ganz, ganz wichtig, vor allem in Jusras Leben.

01:42:34: Man muss aber auch sagen, natürlich gibt es auch ganz andere Seiten.

01:42:37: Also Jusras Herzschmerz lässt natürlich nicht nach.

01:42:41: Sie vermisst ihre Heimat, sie vermisst Syrien.

01:42:44: Natürlich ist hier in Deutschland erstmal alles so anders.

01:42:49: Eines Abends sitzt Sven mit den Mädchen beim Essen.

01:42:53: Mit ernster Stimme fragt er, warum sie aus Syrien geflüchtet sind.

01:42:57: Und Justra antwortet wegen des Krieges und weil sie schwimmen wollen.

01:43:03: Sven schaut Justra jetzt überrascht an.

01:43:06: Du hast also denn zu Hause verlassen, um schwimmen zu können?

01:43:09: Was willst du mit dem Schwimmen erreichen?

01:43:12: Und Jusra antwortet daraufhin selbstbewusst, ich will zu den Olympischen spielen.

01:43:17: Und das ist ja ein sehr großer Traum.

01:43:21: Ja.

01:43:22: Und deswegen ist Sven jetzt auch erstmal so ein bisschen perplex.

01:43:24: Der fragt jetzt, meinst du das ernst?

01:43:27: Und Jusra, die bleibt aber bei ihrer Meinung, die sagt, ich mein das völlig ernst.

01:43:33: Sven ist ein bisschen verwirrt, denn natürlich kennt er auch Schwimmerinnen und Schwimmer, die extrem hart trainieren.

01:43:41: Und er weiß auch, dass die auf einem anderen Level sind, quasi um Alter von Jusra.

01:43:46: Aber er erkennt auch, dass das wirklich sehr, sehr ernst gemeint ist von Jusra und dass das wirklich ihr Traum ist.

01:43:55: Also schlägt er jetzt vor, dass sie in eine Schwimmgruppe für Jugendliche könnte, im Alter von dreizehn bis vierzehn Jahren.

01:44:03: Und Linda, du kannst dir jetzt wahrscheinlich vorstellen, dass das erstmal für Jusra ein bisschen enttäuschend ist, weil sie ist ja schon siebzehn.

01:44:09: Ich kenne das selber auch noch aus dem Leistungssport.

01:44:11: Wenn du schlecht bist, trainierst du eher mit den Jüngeren.

01:44:14: Wenn du gut bist, mit den Älteren.

01:44:17: Also das heißt ja, wenn die sie zu den Jüngeren packen, dass sie vielleicht auch einfach nicht so gut ist.

01:44:24: Ja, und das geht auch jetzt so weiter.

01:44:26: Also beim ersten Training mit den Jüngeren erkennt sie schon, dass die viel schneller sind als sie, obwohl sie halt irgendwie drei, vier Jahre jünger sind.

01:44:34: Das liegt vor allem auch daran, dass sie so lange auf der Flucht war und auch durch die Zustände in Syrien, durch die Angst vor der Bombe einfach nicht so viel trainieren konnte.

01:44:44: Und deswegen ist sie auch gar nicht mehr auf dem gleichen Leistungsniveau wie früher.

01:44:49: Aber sie hat natürlich den Plan, um ihre alte Form zurückzubekommen, wird sie sehr hart trainieren müssen.

01:44:55: Und das macht Jusra.

01:44:58: Auch

01:44:58: Sarah kehrt übrigens zuerst zum Schwimmtraining zurück.

01:45:03: Aber – und so war das ja auch schon so ein bisschen in Syrien – Sarah verkündet dann schon recht bald beim Abendessen, dass sie doch keine Leistungschwimmerin mehr sein möchte.

01:45:12: Die Verletzung an ihrer Schulter schmerzt einfach so sehr und sie erzählt auch, sie hat mittlerweile in Berlin Freunde gefunden und mit denen will sie gerne ausgehen.

01:45:22: Während Sarah in nächster Zeit oft woanders schläft, bleibt Jusra in ihrem Zimmer im Clubhaus.

01:45:27: Aber ohne Sarah fühlt sie sich hier oft einsam.

01:45:30: Dann trainiert sie noch härter und wird immer und immer besser.

01:45:35: Eines Tages kommt Sven ganz aufgeregt in den Schwimmklub.

01:45:40: Er hat nämlich etwas erfahren, dass es so noch nie gab.

01:45:43: Und zwar, ein Team an Geflüchteten soll bei den nächsten olympischen Spielen in Rio de Janeiro antreten.

01:45:50: Und vielleicht wäre das ja juste la chance.

01:45:53: Total cool,

01:45:54: dass es eine Mannschaft gibt, nur aus Geflüchteten, die antreten dürfen.

01:45:58: ist ja auch irgendwie ein Zeichen, dass damit gesetzt wird.

01:46:01: Ja, man muss sagen, für Jusra wird es wahrscheinlich eh schwer, anderweitig bei den olympischen Spielen anzutreten, weil Syrien ist ja gerade im Krieg, also wie der Syrien würde sie wahrscheinlich in nächster Zeit zu olympischen Spielen schicken.

01:46:16: Und sie hat auch natürlich durch den Krieg und durch die Flucht einfach sehr viel Training verpasst.

01:46:23: Und deswegen ist dieses Refugee-Team eigentlich eine Extrem gute Chance.

01:46:29: Aber auch da reinzukommen, ist extrem hart.

01:46:32: Und man muss dafür halt gewählt werden.

01:46:35: Und sie weiß es immer noch nicht, ob sie es machen will.

01:46:38: Aber Sven fragt dann, spielt es eine Rolle für wen du schwimmst?

01:46:42: Ja.

01:46:42: Für welches Land oder so?

01:46:44: Und Yusrat Zürgaard.

01:46:46: Sie überlegt.

01:46:48: Und sie denkt an Malala Yusufay, das pakistanische Mädchen, die ihm die Taliban in den Kopf geschossen haben.

01:46:54: Sie hat überlebt und sich danach für Kinder und Frauenrechte eingesetzt.

01:46:59: Malala ist ein Vorbild für Frauen auf der ganzen Welt und auch für Jusra.

01:47:04: Das ist übrigens auch eine Geschichte, die wir unbedingt in diesem Podcast nochmal erzählen müssen.

01:47:09: Komplett.

01:47:11: Und so ein Vorbild will Jusra auch für andere sein.

01:47:14: Das ist ihr mittlerweile klar.

01:47:16: Im Refugee-Team kann sie zeigen, dass es sich lohnt, zu kämpfen und an seinen Träumen festzuhalten.

01:47:22: Also beschließt sie es zu versuchen.

01:47:24: Und Sven gibt ihren Namen an das Olympische Komitee weiter.

01:47:28: Jetzt heißt es erst mal warten.

01:47:31: Gleichzeitig, muss man aber auch sagen, läuft Jusra und Sarah die Zeit davon.

01:47:35: Jusra ist achzehnter Geburtstag, ist am fünften März und er rückt immer näher und näher heran.

01:47:41: Und das bedeutet auch, ab da an, ab dem achzehnten Geburtstag, wäre ein Familiennachzug nicht mehr möglich.

01:47:48: Das heißt auch Vater Esart, Mutter Mehrwart.

01:47:51: Und die kleine Schwester müssten in Syrien bleiben, wo sich die Lage von Tag zu Tag noch mehr verschärft.

01:47:58: Immer näher schlagen bei ihnen die Granaten ein.

01:48:00: Tausende Menschen sind bereits gestorben.

01:48:03: Die Madinis müssen jetzt handeln, wenn sie leben wollen.

01:48:07: Und deshalb beschließen sie ebenfalls den Weg, über das Meer zu wagen.

01:48:12: Und Lin, ich bin so froh, dir das sagen zu können.

01:48:15: Ich kann jetzt nicht die ganze Fluchtreise der Familie auch noch mal hier erzählen.

01:48:19: Das wäre auch zu lang.

01:48:20: Haben Sie es geschafft?

01:48:22: Ja, sie haben es tatsächlich am Ende nach Deutschland geschafft und sie können von den Schwestern in Berlin empfangen werden.

01:48:28: und die Familie liegt sich in den Arm und ihn fließen die Tränen in Ström über die Gesichter.

01:48:35: Jusra fragt, wie es ihnen ergangen ist und Mutter Mehrwart antwortet, die Überfahrt war entsetzlich.

01:48:41: Sie haben behauptet, sie hätten Rettungswesten für uns, aber das stimmte nicht.

01:48:45: Das Boot war völlig überfüllt.

01:48:48: Zum Glück, muss man sagen, war das mehr, aber bei ihrer Überfahrt zwischen der Türkei und Lesbos auch sehr ruhig.

01:48:54: Und kurz vor der Insel sind sie dann noch gegen einen Felsen gestoßen.

01:48:58: Da dachte die Familie, sie würden ertrinken.

01:49:01: Aber zum Glück haben sie es noch bis zum Ufer geschafft.

01:49:05: Es ist ja so schlimm, dass eigentlich da auch schon wieder gefühlt das Gleiche passiert ist.

01:49:08: Also, dass bei jeder Überfahrt einfach nicht weiß, kommt das Boot an oder nicht.

01:49:15: Das ist natürlich jetzt ganz, ganz toll, dass die Familie wieder zusammenkommt.

01:49:19: Ja, und sie starten jetzt alle gemeinsam in Berlin.

01:49:21: Mittlerweile ist es Ende Dezember, Heiligabend.

01:49:31: Den ersten Weihnachtsfeiertag verbringen die Madinis bei Sven und seiner Frau.

01:49:37: Auch so süß, sie wurden eingeladen von denen, dass sie da feiern können, weil die ja noch nicht so viele Leute kennen.

01:49:41: Also die sind jetzt wirklich richtig nah miteinander verbunden.

01:49:45: Die Familien werden einfach zu einer großen Familie, kann man schon fast sagen.

01:49:49: Und hier erzählt jetzt auch Vater Essard, dass ihm auch so ein bisschen eine Aufgabe in Deutschland fehlt, also eine Bestimmung.

01:49:56: Und Sven macht ihm dann wohl das allergrößte Weihnachtsgeschenk.

01:50:01: Er bittet ihn nämlich jetzt, ihm beim Schwimmtraining als Trainer zu unterstützen in Berlin.

01:50:07: Und Vater Essard sagt überglücklich zu.

01:50:10: Also er ist auch heute noch Schwimmtrainer dort, ist nicht so süß irgendwie.

01:50:14: Ja, und das ist natürlich von Sven auch ein ganz toller Schritt, weil er gibt dem Vater einfach das zurück, was sein Leben ausgemacht hat, seinen Beruf, seine Identität.

01:50:23: Das ist, glaube ich, so viel mehr als nur ein kleiner Gefallen.

01:50:28: Absolut.

01:50:30: Und kurz darauf gibt es erneut gute Neuigkeiten.

01:50:34: Sven ist jetzt schon länger in Kontakt mit dem deutschen olympischen Sportbund und der kennt Saras und Jusras Geschichte.

01:50:41: und sorgt jetzt dafür, dass ihr Asylverfahren beschleunigt wird.

01:50:45: Das ist natürlich richtig schön, dass das für die das beschleunigt.

01:50:49: Aber irgendwie auch schade, dass es nur durch diese Medienaufmerksamkeit und durch die Geschichte möglich ist.

01:50:56: Ja, voll.

01:50:57: Also, man wird natürlich hoffen, dass man nicht Kontakte braucht, um ein Leben in Frieden führen zu können.

01:51:05: Die beiden Schwestern sind aber natürlich unglaublich erleichtert.

01:51:09: Sie müssen jetzt erstmal nicht mehr befürchten, dass sie in näherer Zukunft wieder ausreisen müssen.

01:51:15: Jusra trainiert jetzt unermüdlich weiter.

01:51:18: In den Disziplinen Schmetterling und Freistil ist sie aber trotz persönlicher Bestleistungen noch einige Sekunden zu langsam für die Olympia-Qualifikation.

01:51:29: Es gibt nämlich hier klare Qualifikationszeiten, die zum Beispiel auch vom internationalen Schwimmverband festgelegt werden.

01:51:37: Allerdings gibt es auch für das Refugee-Team ein besonderes Verfahren.

01:51:42: Hier werden die Athletinnen und Athleten in einem Auswahlverfahren nominiert.

01:51:47: Also, hier zählen also nicht nur die Zeiten, die sie schwimmen, sondern auch andere Sachen wie zum Beispiel die Geschichte, die sie erzählen oder wofür sie sich einsetzen wollen.

01:51:57: Zwischen Interviews, in denen Justra ihre Geschichte erzählt und unzähligen Bahnen, die sie im Becken zieht, kommt eines Tages endlich die ersehnte E-Mail.

01:52:07: Jusra ist angenommen.

01:52:09: Sie wird als Teil des Refugee-Olympic-Teams in Rio starten.

01:52:13: So cool, dass das endlich geklappt hat.

01:52:16: Es ist irgendwie auch verrückt, dass da so viel reinspielt, also auch die Interviews und die Geschichten.

01:52:21: Aber dadurch bekommen natürlich die Geflüchteten auch einfach eine Stimme, was auch so wichtig ist.

01:52:26: Total.

01:52:27: Und es ist halt einfach ... Also, es ist ihr Lebensziel gewesen.

01:52:30: Also, Jusra wollte immer so ... Olympiade und sie darf jetzt einfach hin.

01:52:35: Also sie wollte ihr Leben schon zu Olympischen spielen und jetzt ist einfach diese Mail.

01:52:40: Also ist es wirklich ein großes Vorbild, dass man dann doch seine Ziele erreichen kann.

01:52:46: Und

01:52:46: sie freut sich darüber jetzt auch richtig, oder?

01:52:48: Also sie rastet wahrscheinlich komplett aus.

01:52:51: Ja, sie rastet komplett aus.

01:52:53: Sie hat auch so ein paar Zweifel.

01:52:55: Sie fragt sich zum Beispiel manchmal, Also warum sie genau eingeladen wurde, weil sie hat die Qualifikationszeiten nicht eingehalten, aber ihr Vater redet ihr da jetzt sehr, sehr lieb zu und der sagt, nur wenige Syrer erhalten die Gelegenheit, in der Öffentlichkeit ihre Stimme zu erheben.

01:53:12: Du kannst ihre Stimme sein.

01:53:14: Du kennst einen großen Teil ihrer Geschichte, weil du sie am eigenen Leib erfahren hast.

01:53:19: Das hier ist eine Chance für uns alle.

01:53:21: Die Chance, endlich gehört zu werden.

01:53:25: Ja, und das bewegt jetzt auch in Jusra Vaz.

01:53:27: Genauso geht sie auch.

01:53:28: Sie will einen Zeichen setzen und sie will Geflüchteten eine Stimme geben.

01:53:33: Denk einfach daran, wie Harto dafür gearbeitet hast, sagt ihr Vater noch zu ihr, als sich die Madinis am Flughafen in den Armen nehmen.

01:53:41: Dann steigt Jusra in den Flieger.

01:53:42: Es ist jetzt der fünfte August.

01:54:00: Ein warmer Abend in Madacania Stadion in Rio de Janeiro.

01:54:05: Die Ränge sind gefüllt mit Fans, die aus aller Welt gekommen sind, um ihre Sportler zu feiern.

01:54:11: Hunderte Samba-Tänzer bringen die Eröffnungsfeier in Stimmung.

01:54:14: Brasilianische Sänger treten auf und Feuerwerk erleuchtet der Stadion und färmt den Himmel pink.

01:54:21: Jetzt laufen die Sportlerinnen und Sportler nacheinander in der Stadion ein, während Musik durch die Lautsprecher schallt und sich mit dem Applaus der Menge

01:54:28: mischt.

01:54:37: Das muss komplett überwältigend für diese Sportler sein.

01:54:40: Ja, für Jusra ist es so überwältigend, weil auch sehr viele sehr krasse Leute da sind, unter anderem auch ihr großes Vorbild.

01:54:48: Michael Phelps, der Weltklasse-Schwimmer, ist nämlich auch vor Ort.

01:54:53: Außerdem auch der Sprinter Jusain Bolt, der tritt für Jamaika an.

01:54:58: Oder auch die US-amerikanische Ausnahmeturnerin Simone Biles tritt an.

01:55:03: Direkt vor dem Gastgeber Brasilien wird dann das Refugee-Olympic-Team ausgerufen.

01:55:09: Und hier würde ich sagen, Lin, können wir noch mal reinhören.

01:55:12: Ein tolles Moment in der Olympischen Geschichte.

01:55:20: Amunsten der Ratschen, Yusra Mardini,

01:55:30: der Schwimme, der mit den Fälle-Refrigiösen aus der Türkei zu

01:55:57: Griechen, hat gesehen, dass

01:56:04: die Dinge,

01:56:04: die sie in ihren Fälle-Refrigiösen

01:56:08: waren, sinken.

01:56:09: Und sie hat in den Wasser geblieben, mit vier anderen

01:56:13: Leuten, und die Dinge zur Sicherheit

01:56:23: erzielt.

01:56:23: Ich finde einfach richtig toll, dass sie damals eine Gruppe an Geflüchteten antreten lassen haben.

01:56:29: Es war so ein Zeichen auch, dass man einfach diese Menschen sichtbar gemacht hat und ihnen gezeigt hat, warum es so wichtig ist, sie auch aufzunehmen.

01:56:40: Und Jusra läuft ja auch vorne weg und sie sieht so ganz... Ungläubig aus, also ihr Mund steht auch ein bisschen offen und sie guckt überall hin und hat ein dickes Grinsen auf dem Gesicht.

01:56:52: So süß, ich finde auch, also irgendwie, man guckt das Video und ist so richtig mit aufgeregt.

01:56:58: irgendwie, weil ich finde in ihr sind diese Emotionen so gut sichtbar, dass dass sie einfach da gerade reinläuft.

01:57:04: Und vor allem natürlich, der Applaus ist die ganze Zeit irgendwie extrem.

01:57:10: Aber ich hab das Gefühl, der steigert sich auch noch mal, als jetzt das Refugee-Team aufgerufen wird.

01:57:14: Und alle lächeln den zu.

01:57:17: Also, da ist echt so ein krasser Energie vorhanden und so ein Zusammenhalt.

01:57:24: Weil das sollen ja auch irgendwie die olympischen Spiele darstellen, dass halt alle Nationen ... sich auf Augenhöhe begegnen, zusammenhalten und da ein Team zu erschaffen, das für ihr eigenes Land einfach nicht mehr antreten kann, finde ich, ist so ein krasser Akt.

01:57:40: Also ich bin total begeistert irgendwie.

01:57:44: Und es ist auch nicht nur Jusra dort, sondern auch noch neun weitere Athletinnen und Athleten, die für das Refugee-Team antreten.

01:57:52: Sie kommen aus dem Südsudan, aus Äthiopien, aus der demokratischen Republik Kongo und aus Syrien.

01:57:59: Der Präsident des Olympischen Committees begrüßt Sie jetzt mit folgenden Worten.

01:58:04: Liebe Refugee Athletes, ihr schickt eine Botschaft der Hoffnung an die vielen Flüchtlinge rund um den Globus.

01:58:11: Ihr musstet aufgrund von Gewalt, Hunger oder einfach nur aufgrund eures Andersseins aus eurem Zuhause fliehen.

01:58:18: Aber mit eurem wunderbaren Talent und eurem Menschsein leistet ihr einen tollen Beitrag für die Gesellschaft.

01:58:25: Jusra hat ihren Badeanzug gegen eine dunke blaue Weste mit goldenen Knüpfen getauscht.

01:58:31: Sie trägt eine beigefarbene Hose, ein weißes Shirt und ein gepunktetes Heiztuch.

01:58:36: In der Hand hält sie eine kleine weiße Fahne.

01:58:40: Das Team tritt nämlich nicht unter einer Nationalflagge an, sondern unter der des Internationalen Olympischen Komitees.

01:58:48: Eine weiße Flagge mit den fünf ineinander verschlungenen Ringen, in blau, gelb, Schwarz, Grün und Rot.

01:58:56: Die Athleten und Athletinnen vertreten hier nicht ein einzelnes Land, sondern den olympischen Gedanken, Solidarität und Zusammenhalt, der die Welt miteinander vereint.

01:59:09: Am nächsten Tag hat Jusra dann ihren ersten Wettkampf.

01:59:13: Ein Vorlauf in der Kategorie Schmetterling.

01:59:16: Jusras Herz pocht wie wild, als ihr Name aufgerufen wird.

01:59:21: Gemeinsam mit vier anderen Athletinnen geht sie jetzt auf die Sprungplattform.

01:59:26: Sie legt die Hände auf den Rand.

01:59:28: Er fühlt sich rau an.

01:59:30: Es bleibt nur ein kurzer Moment, um Luft zu holen.

01:59:33: Dann ertönt das Signal.

01:59:35: Sie macht sich bereit zum Sprung.

01:59:38: Kraftvoll drücken sich ihre Beine ab.

01:59:41: Und ganz kurz fühlt es sich an wie Fliegen.

01:59:44: Dann taucht ihr Körper mit den Händen zuerst in das blaue Wasser ein.

01:59:48: Diese Szene Lin kennst du

01:59:51: auch schon

01:59:51: vom Anfang unserer Folge.

01:59:53: Ja,

01:59:53: und da hast du uns ja auch erzählt, dass sie dazwischen immer wieder an ihre Flucht denken muss.

02:00:01: Das kann ich mir vorstellen, weil das Wasser ist ja irgendwie beides für sie, ne?

02:00:04: Also es war ihre Rettung.

02:00:07: Es ist ihr Ort, wo sie sich am Wohlsten fühlt, aber sie hatte auch fürchterliche Angst, als sie darin flüchten musste.

02:00:14: Ja, und jetzt ist natürlich die große Frage, was ist das Wasser jetzt für sie?

02:00:18: Also wird es jetzt der Ort eines Sieges oder nicht?

02:00:22: Und tatsächlich, Jusra gewinnt den ersten Weltkampf.

02:00:26: Mit einer Zeit von einer Minute, neun Sekunden und einundzwanzig Millisekunden ist sie die schnellste im Vorlauf.

02:00:39: Insgesamt muss man allerdings sagen, qualifiziert sie sich nicht für das Halbfinale.

02:00:44: Sie ist unter den Schwimmern auf Platz einundvierzig von fünfundvierzig.

02:00:48: Aber ist sie trotzdem zufrieden mit ihrer Leistung?

02:00:51: Ja, das ist nämlich die Sache.

02:00:53: Also sie ist damit jetzt zwar raus, sie kann jetzt nicht weitermachen nach diesem Wettkampf, aber sie ist wahnsinnig stolz auf ihre Leistung.

02:01:03: Denn was nämlich hinzukommt, ist, dass sie jetzt auch nach den olympischen Spielen bekannter als je zuvor ist.

02:01:10: Und jetzt kann sie das machen, was sie quasi auch schon mit dem Schwimmen auch als Traum hat, nämlich sie kann ihre Stimme nutzen.

02:01:18: So, wie sie es die ganze Zeit schon wollte, und kann jetzt ein Vorbild für andere Geflüchtete sein.

02:01:24: Nur wenige Wochen nach Rio fliegt sie jetzt nach New York und spricht dort auf dem Flüchtlingsgipfel der Vereinten Nationen.

02:01:31: Und sie wird zur Sonderbotschafterin des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen.

02:01:36: Das ist natürlich auch schön, dass sie dann auch eine Stimme wird für andere.

02:01:41: Total.

02:01:42: Also ... Ich glaub, deswegen kennen wahrscheinlich auch einige diese Geschichte zumindest schon entteilen.

02:01:48: Denn Jusra war nach dem Wettkampf und nachdem sie sich jetzt halt immer wieder eingesetzt hat, sehr, sehr oft auch in den Medien.

02:01:56: Sie war zum Beispiel in der Talkshowrunde bei Markus Lanz.

02:02:00: Sie hat unzählige Interviews gegeben.

02:02:02: Sie war auch vor kurzem nochmal in Syrien auch für Menschenrechtsarbeit.

02:02:07: Und ja, spricht immer wieder in den sozialen Medien sich dafür aus.

02:02:12: Und übrigens auch nicht nur sie.

02:02:14: Also auch Sarah hat eine ähnliche Karriere hingelegt.

02:02:16: Sie ist zwar halt nicht als Schwimmerin bekannt geworden und zu den olympischen Spielen gegangen, aber sie setzt sich sehr, sehr stark ein für andere Geflüchtete und auch an einem Ort, an dem wir schon in dieser Geschichte waren.

02:02:30: Griechenland.

02:02:32: Ja, kurz nachdem Jusra aus Rio zurückkommt, verlässt Sarah Berlin und geht zurück nach Lesbos.

02:02:39: Und diesmal ist sie dort aber als Seenmotretterin unterwegs und macht genau das, was sie auch schon sehr, sehr lange tun will.

02:02:48: Sie rettet auf Lesbos so viele Menschen wie möglich.

02:02:52: Also sehr viele Menschen, die sonst womöglich im Meer trunken werden.

02:02:57: Aber man muss die ganze Geschichte hier erzählen.

02:03:01: Und dazu gehört auch, dass Sarah mit dem, was sie tut, zwei Jahre später, im August, ins Gefängnis kommt.

02:03:09: Oh, warum

02:03:10: das denn?

02:03:11: Ja, da werden Sarah und andere Helfer plötzlich verhaftet.

02:03:15: Es gibt übrigens auch eine Dokumentation darüber, die heißt Sarah Madini gegen den Strom.

02:03:21: und da erinnert sich Sarah an diesen Moment und sagt folgendes.

02:03:28: Die Regierung aber sagt, dass die Freiwilligen am Ufer die Einreise illegaler Migranten fördern und unterstützen.

02:03:40: Daraufhin kommt Sarah in Haft.

02:03:42: Die griechische Regierung will ihr auch dem Prozess machen und die Anklage umfasst dabei Straftaten wie Spionage und Fälschung, aber auch Schlepperei.

02:03:53: mit Deedschaft in einer kriminellen Vereinigung und Geldwäscher.

02:03:56: Wow, sie hat doch einfach nur Menschen geholfen.

02:03:59: Ja, von denen hat sie das gemacht, was sie auch damals gerettet hat.

02:04:03: Also, es ist unfassbar.

02:04:06: Und sie muss, obwohl sie erst bis zu zwanzig Jahre alt ist, daraufhin mit der Höchststrafe von bis zu zwanzig Jahren rechnen.

02:04:14: Aber das ist auch richtig, um andere Menschen abzuschrecken, nicht zu helfen.

02:04:18: Ja,

02:04:18: ja, es ist richtig heftig.

02:04:21: Und es bekommen aber auch recht viele mit, unter anderem natürlich auch, weil Jusra mittlerweile darüber berichtet.

02:04:27: Die kämpft jetzt für die Freiheit ihrer Schwester und mit ihr zusammen gehen immer mehr Menschen auf die Straße oder protestieren vor Ort gegen die Festnahme der Helfer.

02:04:39: Und Jusra sagt, Menschlichkeit ist kein Verbrechen.

02:04:46: Dann endlich kommen sie auf Kozion frei.

02:04:52: Trotz ihrer Zeit im Gefängnis spürts Sarah, dass sie wieder helfen möchte.

02:04:56: Und Jusra ist unglaublich beeindruckt vom Mut ihrer Schwester.

02:05:00: Sie sagt dazu, ich wünschte sie wüsste, dass ich viel von ihr gelernt habe, weil sie so verrückt und so anders war.

02:05:08: Ja, Sarah war ja auch schon diejenige, die als Erste ins Wasser gesprungen ist und da auch total sich selber hinten angestellt hat.

02:05:17: So mutig war und dort schon an anderen Menschen und deren Wohl gedacht hat.

02:05:23: Und deswegen umso beeindruckender, dass sie genau das jetzt weitermacht.

02:05:27: Total.

02:05:28: Ein

02:05:28: Riesenvorbild für uns alle, ehrlich gesagt.

02:05:31: Komplett.

02:05:32: Ich muss sagen, ich habe auch ein Interview mit Sarah mir angeschaut.

02:05:36: Man spielt schon so ein bisschen, dass es nicht ganz einfach war, dass Justra so krass berühmt wird weltweit und zumindest ein bisschen spielen kann.

02:05:46: halt wirklich sehr, sehr viel Aufmerksamkeit bekommt.

02:05:49: Das sagt Sarah auch selbst.

02:05:51: Sie sagt, meine kleine Schwester hat halt meinen Traum gelebt.

02:05:54: Sie konnte professionelle Schwimmerin werden und dort antreten.

02:05:58: Und ja, das war auch eigentlich ihr Traummal gewesen.

02:06:02: Sie sagt schon, dass sie neidisch war und sagt aber auch, dass das auch unter Schwestern teilweise so normal ist, dass man sich auch mal vergleicht und dass sie mittlerweile ... dass total akzeptiert hat und total stolz ist.

02:06:16: und ihr alle Kraft der Welt wünscht und ihr allen Erfolg der Welt wünscht und so.

02:06:21: Und genauso ist es auch andersrum.

02:06:22: Also für Jusra ist Sarah ein Riesenvorbild, auch wenn Sarah vielleicht selbst mal nicht das Gefühl hat, viel zu bewirken.

02:06:31: Aber wie ist das denn überhaupt?

02:06:33: Weil ist nicht Sarah jetzt eigentlich angeklagt worden?

02:06:37: Also was ist denn aus diesem Prozess geworden, wo sie zwanzig Jahre ins Gefängnis sollte?

02:06:41: Also, die konnten ja wieder auf Kaution frei schon mal.

02:06:45: Also, sie ist nicht mehr im Gefängnis.

02:06:47: Aber genau, es gibt dem Gerichtsprozess noch im Hintergrund, vor dem hat Sarah auch Riesenangst.

02:06:52: Sie ist dann irgendwann wieder zurück in Berlin, dort fängt sie ein Studium an, und zwar Kunst, und lebt auch wieder bei ihrer Familie.

02:07:01: Es kommt dann aber tatsächlich zu den ersten Verfahrens, Jahr zwanzig und Jahr zwanzig, allerdings ohne Ergebnis.

02:07:08: Und auch stand jetzt, also auch jetzt am fünfzehnten September, zweitausendfünfundzwanzig, zieht sich der Prozess.

02:07:16: Also bis heute ist das für Sarah eine große Belastung.

02:07:20: Bis heute gibt es keine endgültige Entscheidung, wie mit dem Verfahren weitergemacht werden soll.

02:07:26: Und also ich kann mir jetzt gar nicht vorstellen, wie das für Sarah ist, weil man merkt ja auch gerade die politische angespannte Lage.

02:07:34: Und ich glaube, es gibt auf jeden Fall gewisse Leute, die jeden erdenklichen Grund suchen würden, um Sarah zum Beispiel auch aus Deutschland wegzukriegen.

02:07:44: Und da kann ich mir vorstellen, dass das psychisch keine einfache Situation ist in einer Lage, wie wir sie gerade haben.

02:07:52: Aber Sarah ist eine Kämpferin, das war sie ja auch schon damals.

02:07:55: Für Sarah steht fest, dass sie sich nicht aufhalten lassen wird.

02:07:57: Das hat sie einfach noch nie.

02:07:59: Und genau das sagt sie auch auf der großen Bühne.

02:08:03: Also sie hat immer mal wieder Auftritte und hier sagt sie zum Beispiel ... Wir wurden ins Gefängnis gesteckt, weil wir beschlossen haben, Leben zu retten, als die Regierungen, Europas und der Welt versagten.

02:08:13: Aber wissen Sie was?

02:08:14: Wir werden nicht aufhören.

02:08:15: Denn ein Menschenleben vor dem Ertrinken im Meer zu retten, kann niemals ein Verbrechen sein.

02:08:21: Und auch Jusra kämpft weiter und setzt sich weiter für andere Refugees ein.

02:08:27: Sie tritt unter anderem auch zu Jahrzehntzwanzig erneut im Refugee-Olympic-Team bei den Sommerspielen in Tokyo an.

02:08:35: Und bei der Eröffnungszeremonie trägt sie die Flagge in die Arena.

02:08:40: Nach den Spielen verkündet sie in einem Interview.

02:08:43: Nach den Olympischen Spielen wurde mir klar, dass es nicht mehr nur meine Geschichte ist.

02:08:49: Ich erkannte, dass es meine Aufgabe ist, das Bewusstsein zu schärfen und Millionen von Flüchtlingen auf der ganzen Welt Hoffnung zu geben und für all diejenigen zu sprechen, die keine Stimme haben.

02:09:01: Jusra und Sarah zeigen halt, dass diese Schlagzeilen, die wir Hauptsächlich sehen, dass das nur ein Teil ist, ein ganz, ganz kleiner Teil.

02:09:10: Und es ist ganz viele tolle Menschen gibt, die wir in diesem Land auch wünschen und die uns ganz viel geben können.

02:09:17: Und das finde ich so toll an dieser Geschichte, dass genau solche Menschen damit ins Rampenlicht gerückt werden.

02:09:25: Ja, es bündelt direkt viel mehr solcher Geschichten.

02:09:27: Wir müssen über viel mehr solcher Menschen sprechen.

02:09:30: vielleicht auch Geschichten, die die AfD aufregen würden, wenn wir auch mal sowas erzählen und uns auf Jusra und Sarah fokussieren.

02:09:40: Und es ist einfach so wichtig, dass wir darüber sprechen und ja nicht den falschen Menschen die Macht über dieses Thema lassen, sondern einfach von Jusra und Sarah erzählen.

02:09:52: Zum Beispiel gibt es mittlerweile die Jusra-Madini-Stiftung.

02:09:56: Mit der möchte sie geflüchteten weltweit durch Bildung und Sport helfen.

02:10:00: Und das sind einfach die Themen, auf die wir uns mehr fokussieren sollten.

02:10:05: Was ist denn aus den beiden Schwestern geworden?

02:10:07: Ganz viel.

02:10:09: Ich kann dir auch empfehlen, einfach mal beide auszuchecken.

02:10:12: Jusra hat einen sehr... erfolgreiches Instagram-Profil auch.

02:10:17: Sie ist aber auch nicht nur auf Social Media unterwegs.

02:10:20: Sie modelt beispielsweise für die Deutsche Vogue oder für GQ Middle East.

02:10:26: Sie ist mittlerweile, sie hat irgendwie ganz lange in Berlin, in Hamburg gewohnt.

02:10:30: Und seit drei Jahren studiert sie in Los Angeles, und zwar Filmproduktion.

02:10:36: Und Lin, es ist noch etwas Krasses passiert.

02:10:39: Und zwar arbeitet Jusra aktuell mit den Vereinten Nationen zusammen.

02:10:45: Sie ist dort vor allem in der Flüchtlingsorganisation der Vereinsnation Tätig, der UNHCA.

02:10:52: Und innerhalb dieser Organisation ist Jusra zum ersten Mal nach zehn Jahren zurück nach Syrien gekehrt.

02:11:01: Sie war wieder vor Ort, sie hat sich dort umgeschaut.

02:11:04: Sie war in ihrem zerstörten Zuhause.

02:11:07: Die Aufnahmen werden wir euch auch noch mal auf True Love Podcast hochladen, auf Social Media.

02:11:12: Es sind sehr, sehr, sehr bewegende Bilder.

02:11:15: Man sieht ihre Emotionalität und wie es für sie ist, da zurück zu sein.

02:11:22: Und ich würde sagen, zu diesem Erlebnis, nach zehn Jahren wieder in der Heimat sich zu befinden und sich dort umzuschauen, dazu hören wir Jusra jetzt einfach mal selbst.

02:11:35: Es war für mich sehr überwaltig, Der Grund, warum ich zurückgekommen bin, war eine Mission mit Ihrem HCR, der UN-Refugee-Agenz.

02:11:44: Und die Syrias-Refugee-Krise oder die Erleichter-Krise ist die Nr.

02:11:49: one in der Welt.

02:11:50: Es ist wirklich schade.

02:11:52: Es sind eine Höhe von rund einem Jahrzehnt.

02:11:55: Sieben Millionen Menschen sind immer wieder erheblich.

02:11:57: Und sich von ca.

02:11:58: eighty-one Prozent zurück zu ihren verabschiedeten Häusern, auch ich.

02:12:04: Für mich habe ich Blambi.

02:12:05: Ich habe ein Zuhause in Deutschland.

02:12:06: Ich habe ein neues Leben gestartet, aber andere Leute haben es nicht.

02:12:10: Es ist meine Aufgabe und meine Verantwortung, um zurückzugehen.

02:12:14: Wir waren in vielen Städten in Syrien.

02:12:17: Wir haben mit den Familien getroffen.

02:12:19: Wir haben die Projekte gesehen, die uns auf der Grenze stecken.

02:12:21: Es war für mich unglaublich hilfreich, zu sehen, dass ich in der Verzweiflung eine junge Frau getroffen habe.

02:12:28: Und sie war größer als alle uns.

02:12:30: Und ich war so... Für diese Kinder wollte ich mein Bestes machen.

02:12:35: Und dann habe ich auch meinen Gramm gesehen.

02:12:37: Nach zehn Jahren habe ich meinen Freund gesehen.

02:12:39: Ich habe den Pool gesehen.

02:12:41: Für mich ist der Pool mehr zu Hause als zu Hause.

02:12:43: Und für mich ist es, um zu sitzen und zu lachen und zu den Pferden zu hören.

02:12:49: Es war so viel Peace für mich.

02:12:51: Aber ich werde nicht auch... Es war nur positiv, weil, wenn ich zurückgekommen bin, habe ich mich für ein paar Tage für Trauma und Resurfessung beschäftigt.

02:13:04: Wie kann ich meine Leute helfen?

02:13:06: Wie kann ich mich vorgehen?

02:13:07: Ich

02:13:08: habe auch

02:13:09: die Verwaltung zu dem Punkt gesehen, wo ich sage, wie können wir das ausnehmen?

02:13:14: Aber ich habe so viel Hoffnung, dass wir es haben.

02:13:16: Und ich habe so viel Hoffnung, dass Leute wie ich, die UNHCR, so viele Organisationen, die das Land bauen werden.

02:13:24: Jusra hat gerade das hier erzählt.

02:13:26: Es war für mich sehr bewältigend, weil der Grund, warum ich zurückgegangen bin, eine Mission mit der UNHCR war, der Flüchtlingsorganisation der Vereinten Nation.

02:13:37: Syriens Flüchtlings- oder Vertreibungskrise ist die größte der Welt.

02:13:41: Es ist wirklich traurig.

02:13:43: Dreißig Millionen Menschen wurden innerhalb und außerhalb Syriens vertrieben.

02:13:48: Einen Achtzig Prozent kehrten in ihre zerstörten Häuser zurück, mich eingeschlossen.

02:13:52: Für mich gibt es aber ein Plan B. Ich habe ein Zuhause in Deutschland.

02:13:57: Ich habe ein neues Leben mehr aufgebaut.

02:13:59: Aber andere Menschen haben das nicht.

02:14:01: Also ist es meine Pflicht und meine Verantwortung als Botschafterin des guten Willens zurückzugehen.

02:14:07: Und wir sind in mehrere Städte in Syrien gefahren.

02:14:10: Wir haben Familien getroffen.

02:14:11: Wir haben uns Projekte vor Ort angesehen, die die Vereinten Nationen vor Ort durchführen.

02:14:16: Es ist unglaublich wertvoll, für mich zu sehen, dass selbst inmitten der Zerstörung ein junges Mädchen auf uns zukam und ihr Lächeln wär größer als das von uns allen zusammen.

02:14:25: Und ich dachte, für diese Kinder will ich mein Bestes geben.

02:14:30: Dann habe ich auch meine große Mutter gesehen.

02:14:32: Nach zehn Jahren habe ich meine Freunde gesehen.

02:14:35: Ich habe das Schwimmbad gesehen.

02:14:36: Für mich ist das Schwimmbad mehr zu Hause als mein Zuhause.

02:14:41: Und für mich war es schon ein Geschenk, einfach dort sitzen zu können und nur der Ruhe zuzuhören und den Vögeln.

02:14:47: Zu kitschig, das klingt.

02:14:49: Es hat mir so viel Frieden gegeben.

02:14:52: Aber ich will es auch nicht so darstellen, als wäre es nur positiv gewesen.

02:14:56: Denn als ich zurückgegangen bin und jetzt, wo ich wieder zurück bin, habe ich einige Tage lang sehr damit gekämpft, dass alte Traumata wieder hochkam.

02:15:04: Und die Frage, wie kann ich meinem Volk helfen?

02:15:07: Wie kann ich weitermachen?

02:15:09: Ich habe die Zerstörung auch in einem Auspass gesehen, wo ich jetzt dachte, wie können wir uns davon jemals erholen.

02:15:16: Aber ich habe auch so viel Hoffnung, dass wir es schaffen werden.

02:15:19: Und ich habe so viel Hoffnung, dass Menschen wie ich und UNHCR und so viele Organisationen das Land wieder aufbauen werden.

02:15:27: Und diese Hoffnung steigt bei Justra.

02:15:30: als sie vor Ort verschiedene Projekte besucht hat, die die Vereinten Nationen dort leiten.

02:15:35: Und in diesen Projekten hat sie mit den Menschen gesprochen.

02:15:39: Und das hier ist, was Jusra auch dazu erzählt.

02:15:42: Ich kann als Therapist in der Community Centre zurückkommen und zu mir ist das unglaublich.

02:15:48: Sie lernen, dass sie den Refugees schon wiederholen, mit dem sehr wenig, das sie haben.

02:15:54: Für mich ist die Arbeit, die ich mit der UNHCR mache und als Advocate ist das wichtigste Job in meinem Leben.

02:16:07: Ich verstehe, wie wichtig das ist und ich verstehe, wie wichtig meine Stimme ist.

02:16:21: Wenn eine Frau mich im Camp oder in Syrien sieht, ist sie sechs Jahre alt und sagt, Ich bin in einigen der Gemeindezentren gefahren und habe gesehen, was die Kinder dort machen.

02:16:38: Und ich hatte auch einen Gesprächskreis mit Frauen, weil sie zum Beispiel dort zur Therapie hinkommen.

02:16:45: Und eine dieser Frauen sagte mir, mein Traum ist es, meine Ausbildung vorzusetzen, damit ich zurück komme und hier im Gemeindezentrum als Therapeutin arbeiten kann.

02:16:55: Und für mich ist das einfach unglaublich.

02:16:57: Denn man sieht dort und lernt dort, dass Flüchtlinge anderen etwas zurückgeben, mit dem wenigen, was sie haben.

02:17:03: Für mich ist die Arbeit, die ich bei den Vereinten Nationen mache und meine Rolle dort als Fürsprecherin der wichtigste Job meines Lebens.

02:17:11: Weil ich verstanden habe, wie wichtig das ist und wie wichtig meine Stimme ist.

02:17:17: Denn wenn ein Mädchen mich in einem Camp gesehen hat oder mich jetzt in Syrien gesehen hat und sie war sechs Jahre alt und sie sagt, Jusra, wenn du es kannst, dann kann ich es auch.

02:17:26: Dann ist das alles, was ich mir im Leben wünsche.

02:17:29: Und damit würde ich sagen, Lynn endet auch diese Folge.

02:17:33: Egal, was passiert, man kann sagen, Sarah und Jusra verändern gerade ein bisschen die Welt.

02:17:39: Und egal, was auch bei ihnen im Leben passiert.

02:17:41: Egal, was im Prozess gegen Sarah passiert.

02:17:44: Und egal, was Jusra beruflich weiter macht.

02:17:47: Eine Sache ist für immer klar.

02:17:49: Sarah und Jusra werden zusammenhalten.

02:17:52: Egal, was

02:17:53: kommt.

02:17:55: Was für eine schöne und inspirierende Geschichte und so unglaublich, was die beiden alles geschafft haben.

02:18:01: Also ich freue mich da richtig, jetzt noch tiefer in die Geschichte einzutauchen.

02:18:04: Ich werde auf jeden Fall heute Abend den Film schauen.

02:18:07: Und ich muss die beiden jetzt auch noch mal ein bisschen sorgen, weil das klingt alles total spannend, was die jetzt auch machen.

02:18:12: Ja, ich bin auch total geflasht, weil ich finde auch so krass, dass man so just aus Entwicklung sieht.

02:18:17: Also man kennt sie dann so mit siebzehn, wo sie schon irgendwie ... In den Videos zu sehen war er damit, und jetzt als Ende zwanzigjährige ist sie wirklich so eine super krasse Frau, so richtiges Mediengenie.

02:18:32: Sie ist zu so einer krassen Menschenrechtskämpferin geworden und ja, ich bin total beeindruckt von ihr.

02:18:38: Also da könnt ihr euch auf jeden Fall sehr viel mal anschauen.

02:18:41: Es ist eine super kluge, erfolgreiche Frau, die, glaube ich, von der wir noch ganz viel sehen werden in ihrer Zukunft.

02:18:48: Aber man muss natürlich auch sagen, dass diese Geschichte nur eine von vielen ist.

02:18:53: Und dass es so wichtig ist, dass man Menschen wie Jusra und Sarah ein Zuhause gibt und die Geschichten auch erzählt, damit wir merken, was diesen Menschen alles genommen wurde und dass wir ihn hier ein weiteres Leben ermöglichen können und

02:19:11: dass

02:19:12: ich oder ich glaube wir das ganz, ganz wichtig finden.

02:19:16: Und ja, man.

02:19:18: deswegen find ich's auch so toll, dass wir über diese Geschichte geredet haben, weil sie einfach zeigt, was die Menschen durchmachen.

02:19:25: Liebe Lavis, danke, dass ihr diese Woche dabei wart.

02:19:28: Wir haben euch ganz doll lieb und dann hören wir uns über nächsten Freitag wieder.

02:19:33: Genau, und abonniert gerne den Podcast und schaut doch mal bei uns bei Social Media vorbei.

02:19:37: True Love Podcast.

02:19:39: Und wenn ihr uns empfiehlt, eine kleine Story postet,

02:19:42: freuen wir uns auch immer ganz doll.

02:19:43: Danke,

02:19:44: ciao.

02:19:45: Ganz, ganz doll.

02:19:46: Tschüss!

Neuer Kommentar

Dein Name oder Pseudonym (wird öffentlich angezeigt)
Mindestens 10 Zeichen
Durch das Abschicken des Formulars stimmst du zu, dass der Wert unter "Name oder Pseudonym" gespeichert wird und öffentlich angezeigt werden kann. Wir speichern keine IP-Adressen oder andere personenbezogene Daten. Die Nutzung deines echten Namens ist freiwillig.